Montag, 8. September 2014

Belgischer Bischof stellt päpstliche Weisungen zur Familienplanung in Frage

Bischof Bonny stellt päpstliche Weisungen in Frage
Das hat es in der jüngeren Kirchengeschichte noch nicht gegeben: Ein amtierender Bischof stellt sich schonungslos gegen das kirchliche Lehramt und die päpstlichen Weisungen in Sachen Ehe und Familie.

Kurz vor Beginn der Bischofssynode über Ehe und Familie hat ein amtierender Bischof eine vernichtende Bilanz der einschlägigen Texte des kirchlichen Lehramtes und der entsprechenden moralischen Weisungen der Päpste gezogen. In einer Denkschrift, die der F.A.Z. vorliegt, hält Johan Bonny, Bischof von Antwerpen, den Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. vor, in Fragen von Ehe, Sexualität, Familie und Beziehung, mit der auf dem II. Vatikanischen Konzil (1962–1965) praktizierten Kollegialität von Papst und Bischofskollegium gebrochen zu haben: „Diese Spaltung darf nicht bleiben.“

Am Anfang dieser Entwicklung stand das Verbot jeder Form künstlicher Empfängnisverhütung durch Papst Paul VI. in dem Lehrschreiben „Humanae vitae“ (1968) – „quer zu dem Votum der Expertenkommission, die er selbst ernannt hatte, der Kardinals- und Bischofskommission, die sich mit dieser Frage befasst hatte, des Weltkongresses der Laien (1967), der großen Mehrheit der Moraltheologen, Ärzte und Wissenschaftler sowie der meisten engagierten Katholiken“. Ein weiterer Tiefpunkt ist für den 59 Jahre alten Belgier, der seit 2009 an der Spitze des Bistums Antwerpen steht und zuvor viele Jahre ein enger Mitarbeiter der deutschen Kurienkardinals Walter Kasper im Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen war, das Schreiben „Familiaris Consortio“ von Johannes Paul II. (1981).

Weil das Lehramt die Jahrhunderte gewachsene Einsicht in die Würde einer Gewissensentscheidung ignorierte, wuchs die Kluft zwischen der sittlichen Unterweisung der Kirche und der moralischen Einsicht der Gläubigen. Die Folge: „Ein Dokument des höchsten Lehramts nach dem anderen über Fragen der Sexualität, der Familie oder der Bioethik stieß auf wachsendes Unverständnis und weitreichende Gleichgültigkeit“.

An die Bischofsversammlung, die am 5. Oktober ihre Arbeit aufnimmt, appelliert Bonny, theologisch wie praktisch nach einer „neuen und festeren Grundlage der kollegialen Beratung und Beschlussfassung zu suchen“. Zahlreiche Zitate aus dem Lehrschreiben „Evangelii Gaudium“ belegen, dass der belgische Bischof Papst Franziskus auf seiner Seite sieht.
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Denkschrift von Bischof Johan Bonny als PDF >>

Hartes Ringen in der Katholischen Kirche
Johan Bonny, der Bischof von Antwerpen, hat eine schonungslose wie brillante Analyse der Verirrungen des kirchlichen Lehramts vorgelegt. Doch wie viele Bonnys gibt es in dieser Kirche?
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