Sonntag, 31. August 2014

NEIN

NEIN möchte ich sagen, mit dir, mein Gott,
     zu allem, was lähmt,
     zu allem, was krank und depressiv macht.
     Gib mir Kraft, mein Gott,
     dass ich NEIN sage zu allem,
     was blind macht,
     zu allem, was die Sprache verschlägt.

NEIN möchte ich sagen mit dir, mein Gott,
     zu allem, was zerstört,
     zu allem, was nach
     Verdrängung und Abtötung ruft,
     zu allem, was Angst macht.
     Gib mir Kraft, mein Gott,
     dass ich NEIN sage zu allem,
     was trennt, was krumm macht,
     zu allem, was schwächt.

NEIN möchte ich sagen mit dir, mein Gott,
     zu allem, was blendet,
     zu allem, was knechtet und unterdrückt.
     Gib mir Kraft, mein Gott,
     dass ich NEIN sage zu allem,
     was tödlich ist,
     zu allem, was verwundet.

Übersetze, mein Gott, dein NEIN
in die Sprache meiner Tat
und lass durch dieses NEIN
dein JA hörbar werden,
dein erfülltes Leben für mich
und für alle Menschen,
Gott.

Rotzetter Anton, in:
Gebetsmappe der Burg Altpernstein, 246.

Freitag, 29. August 2014

Buch "Bergoglios Liste" auf Deutsch erschienen

"Bergoglios Liste": So lautet der Titel eines Buches, das die Rolle des heutigen Papstes und früheren argentinischen Jesuitenprovinzials Jorge Mario Bergoglio während der Militärdiktatur in dem südamerikanischen Land zwischen 1976 und 1983 untersucht. Im Herder-Verlag ist das Buch des italienischen Journalisten Nello Scavo jetzt in einer deutschen Übersetzung erschienen. Im vergangenen Herbst war die italienische Ausgabe veröffentlicht worden.
Weiterlesen auf Kathweb >>


Bergoglio und die argentinische Militärdiktatur
Welche Rolle hat Jorge Mario Bergoglio, der im vergangenen Jahr zum Papst gewählt wurde, während der argentinischen Militärdiktatur gespielt? Nello Scavo zeigt, dass Bergoglio kein Held des Widerstands war. Er agierte im Verborgenen. Das Buch, so der Autor, solle vor allem um die Rolle der Kirche in Argentinien während der Militärdiktatur gehen.
Deutschlandfunk >>
als Audio >>


Buch: Papst als Retter während der Militärdiktatur
Der damalige Jesuitenprovinzial hat zahlreiche Regimegegner gerettet. Es gab auch Vorwürfe, er habe sich in dieser Zeit zu wenig für politisch Verfolgte eingesetzt.
Die Presse >>

Donnerstag, 28. August 2014

Wenn aus Ehrfurcht Furcht wird

Interessant und sehr treffend!  Limburg steht hier exemplarisch auch für die Situation in anderen Diözesen. "Scherbenhaufen" (wie der Autor des Beitrages schreibt) gibt es leider nicht nur in Limburg.
Das Buch habe ich schon gekauft.
Und wieder einmal ein fundierter Beitrag für die Notwendigkeit von Reformen in der katholischen Kirche. Insbesondere auch was das Bischofsamt betrifft.

Warum konnte ein Bischof wie Franz-Peter Tebartz-van Elst die katholische Kirche so tief in die Krise stürzen? Ein Buch analysiert die Limburger Kirchenkrise und ihre Folgen.

Wieso konnte der damalige Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, so lange offenbar ungehindert schalten und walten, wie es ihm beliebte? Weshalb war da niemand, der ihn stoppen oder doch wenigstens auf einen anderen Weg als den der Lüge, Verschwendung und der Gängelung von Mitarbeitern und pastoralem Personal führen wollte und konnte?

Vielleicht gibt Klaus Lüdicke auf diese Fragen die beste Antwort. „Es ist der Respekt vor dem Amt, der dazu beiträgt, dass Mitarbeiter der Kirche nicht den Mut finden, sachlich notwendige Einwände gegen das Handeln kirchlicher Oberer [vorzutragen], wenn es eigentlich ihre dienstliche Aufgabe wäre, Stellung zu nehmen“, schreibt der Kirchenrechtler Lüdicke mit Blick auf die Limburger Geschehnisse. Der „geschuldete Respekt“, so Lüdicke, die „Ehrfurcht vor dem Amt“, könne leicht in Furcht umkippen, „die einen notwendigen Einspruch gegen bischöfliche Anordnungen unterdrückt“.

Franz-Peter Tebartz-van Elst ist am 26. März als Bischof von Limburg zurückgetreten, sein Umzug nach Regensburg steht unmittelbar bevor. Zurück lässt er einen Scherbenhaufen, dessen nähere Betrachtung immerhin die Chance bietet, es künftig besser machen zu können.

„Der Fall Tebartz-van Elst – Kirchenkrise unter dem Brennglas“ heißt das gerade bei Herder erschienene Buch, das eben diesen Versuch unternimmt, aus Schaden klug zu werden. Dieser gut 200 Seiten starken Sammlung von Aufsätzen zur Causa Tebartz sind die Zitate Lüdickes entnommen, der bis 2008 am Institut für Kanonisches Recht der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster Kirchenrecht lehrte. Herausgegeben hat den Band der Direktor des Katholischen Zentrums Haus am Dom in Frankfurt, Joachim Valentin. 
Darin skizziert der FAZ-Redakteur Daniel Deckers noch einmal die Historie des Skandals, von der Wahl des Bischofs bis zu dem Tag, an dem ein „selbst gezimmertes Lügengebäude“ Tebartz-van Elst unter sich begraben habe. Da waren der Flug in die Slums von Indien, die immense Kostensteigerung für den neuen Bischofssitz, die dramatischen Einbrüche bei Kollekten für Hilfswerke und die explodierende Zahl von Kirchenaustritten. 

„Das Vertrauen in die Integrität und die Dignität des Bischofsamtes, das nach dem Missbrauchsskandal mühevoll wiederaufgebaut wurde, ist wohl unwiederbringlich dahin“, schreibt Deckers.
Dabei scheint es Christian Klenk, Mitarbeiter am Studiengang Journalistik der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, verfehlt, den Medien eine Skandalisierung anzulasten. Die Kirche stehe vielmehr zu recht unter besonderer Beobachtung, weil sie für sich in Anspruch nehme, innerhalb der Gesellschaft ein Wächteramt wahrzunehmen.
 
Sie predige Normen und Tugenden und mahne deren Einhaltung an – „und muss sich an ihren eigenen Maßstäben messen lassen“, wie Klenk schlussfolgert. Es gehe um die Glaubwürdigkeit einer moralischen Instanz. Komme es dort zu Verfehlungen, sei dies keine innerkirchliche Angelegenheit. Und so geht die Causa Tebartz – jenseits von Voyeurismus und Schadenfreude – auch jene an, die der Kirche nicht nahestehen.

Das von Valentin herausgegebene Buch verfolgt ausdrücklich nicht die Absicht, fertige Lösungen für mögliche Reformen an Bischofsamt und Kirchenstrukturen anzubieten. Vielmehr soll aus der Analyse der Ereignisse ein Verständnis davon gewonnen werden, was geschehen ist und „welche Mentalitäten und Strukturen dafür verantwortlich waren“, wie es im Vorwort heißt.

Einige vorsichtige Ansätze für notwendige Veränderungen bieten die Autoren aber doch. Angefangen bei der Auswahl geeigneter Kandidaten für das Amt des Diözesanbischofs bis hin zur besseren Kontrolle der kirchlichen Vermögensverwaltung, wie sie der Kirchenrechtler Thomas Schüller fordert, der von 1993 bis 2009 die Stabsstelle Kirchliches Recht im Bistum Limburg leitete und 1997 bis 2001 vier Jahre lang persönlicher Referent des damaligen Limburger Bischofs und Tebartz-Vorgängers, Franz Kamphaus, war.
Es ist dem Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz vorbehalten, das letzte Wort im „Fall Tebartz-van Elst“ zu sprechen. „Eben langt’s!“ ist sein Beitrag überschrieben, der die Dinge aus Frankfurter, also aus großstädtischer Perspektive betrachtet. Am neuen Bischofssitz in Limburg lässt zu Eltz kein gutes Haar, nennt es Spukhaus und Spiegelkabinett, eine tief in den Felsen gegrabene Fluchtburg.

„Den Limburger Domberg sieht man von Frankfurt aus nicht. 75 Kilometer sind ein ausreichender Abstand“, stellt zu Eltz mit Erleichterung fest. Und doch: „Sechs lange Jahre Despotie und Duckmäusertum haben die stolze Stadtkirche schwer belastet“, stellt der Stadtdekan fest, der als Mitglied des Limburger Domkapitels sich selbst nicht von Schuld freisprechen kann und will: „Wie konnte das […] sein, dass wir sahen, ohne zu erkennen, und hörten, ohne zu verstehen?“, fragt er. Verstockung heiße das bei den Propheten. Und die Frage bleibe: „Sind wir jetzt gegen Totalitarismus gefeit?“

Das Buch:
Der >Fall< Tebartz-van Elst Joachim Valentin (Hg.), Verlag Herder 2014, 208 Seiten

Mittwoch, 27. August 2014

Karl Schauer OSB wird Ehrenkanoniker in Eisenstadt

Personalnachrichten
25. August 2014
Diözese Eisenstadt

Änderungen im Kathedralkapitel an der Domkirche zum hl. Martin in Eisenstadt

Der hochwst. Herr Diözesanbischof hat den hochw. Herrn Kons. Rat P. Mag. Karl Schauer OSB,
Superior und Wallfahrtsseelsorger in Mariazell, zum Ehrenkanoniker ernannt. (24. August 2014)


Im Juli wurde Msgr. Lic. Dr. Franz Xaver BRANDMAYR in Rom (Rektor der "Anima" und einer, der "nicht Bischof von Linz werden will") zum Diözesanrichter des Bischöflichen Diözesangerichts ernannt. Nun darf ein weiterer hoher Würdenträger von auswärts den Hof des Bischofs machen und sich Ehrenkanoniker nennen.

Dienstag, 26. August 2014

«Was einmal hilfreich war, kann störend werden»

Theologieprofessor Hubertus Halbfas will das Christentum neu buchstabieren. Auf das Wort Gnade kann er gern verzichten. Es stelle die Sündigkeit des Menschen ins Zentrum, statt die Liebe.
Herr Halbfas, Sie schauen auf achtzig ­Lebens­jahre zurück, sind ein berühmter Theologe, haben viel erreicht: Würden Sie mit Blick auf Ihr Leben von Gnade reden?
Ich hatte ein erfülltes Leben, war nie nennenswert krank und verspüre ungebrochene Lebensfreude. Im umgangssprachlichen Sinne kann ich deshalb gerne von Gnade reden. Aber was ist mit diesem Wort gewonnen? Soll ich mich mehr angenommen sehen als Menschen, die mit Gebrechen, Krankheit und anderen Lebensplagen belastet sind? Und welche Instanz sollte denn diese Gnade mal gewähren, mal verweigern?

Das heisst: Sie als Theologe können mit dem Begriff Gnade wenig anfangen?
Es gibt zwei Aspekte, die ich gerne voneinander trennen möchte. Zum einen lässt sich Gnade als Erwählung gesehen. Israel verstand sich als das von Gott erwählte Volk. Die Folgen dieses Denkens waren nicht erfreulich. Die Christen haben diese Gnadenwahl dann exklusiv auf sich selbst bezogen und sich als das neue auserwählte Volk gegen Juden und Muslime abgegrenzt. Aus diesem Ansatz wurde auch die Missionierung ursprünglicher Kulturen betrieben, von denen dann nicht viel übrig blieb.

Und der zweite Aspekt?
Dem Wort Gnade liegt die Vorstellung einer doppelstöckigen Welt zugrunde: Hier ist die eigentliche Welt «in der Höhe» angesiedelt. Der Himmel gilt als der Ort Gottes. Von dorther wird der Mensch beurteilt, und das Urteil fällt pessimistisch aus.

Das heisst?
Der Mensch wird als Sünder gesehen. Er gilt als verloren, es sei denn, dass jemand, der unendlich mehr Wert hat, als je ein Mensch haben kann, sich für den elenden Menschenwurm einsetzt, um ihn freizukaufen.

Das klingt nach keiner erlösenden Botschaft.
Gewiss nicht! In allen Kirchen hören wir, diese Erlösung des armen Sünders erfolge «um Christi willen». Das bedeutet: Der Mensch ist aus sich heraus nicht liebenswert genug. Und auch die Liebe Gottes zu den Menschen scheint nicht auszureichen. Also braucht es ein unendlich wertvolles Opfer, damit auf der anderen Seite Gnade gewährt wird. Wo aber begnadigt wird, wird noch lange nicht geliebt.

Woher stammt denn diese lieblose Gnadentheorie?
Die wichtigste Wurzel für dieses Denken kommt aus den Briefen des Apostels Paulus. Er versteht den Tod Jesu als Sühnetod, der die sündige Menschheit wieder mit Gott ver­söhnt.

Warum versteht er das so?
Weil es ein Gedanke seiner Zeit ist. Man konnte sich in der Antike keine Gottheit vorstellen, die ohne Opfer zu gewinnen war. Deshalb spricht Paulus auch mehrfach vom Zorn Gottes. Die Liebe aber, die für mich im Christentum zentral ist, die kommt aus einer anderen Haltung.

Woher kommt die Liebe?
Denken Sie an das Gleichnis vom verlorenen Sohn, diesem jungen Lümmel, der das Erbe des Vaters verbraucht hat und selbst heruntergekommen ist. Der wird vom Vater mit überschwenglicher Freude empfangen, nur weil er nach Hause zurückkehrt. Das zeigt den Gott, den Jesus vertritt.

Und der braucht das Wort Gnade nicht?
Hier ist keine Sühneleistung und auch kein Opfertod notwendig, und deshalb kommt man hier gut ohne das Wort Gnade aus. Denn das Gottesverständnis Jesu kennzeichnet Menschenfreundlichkeit und Güte. Sich selbst angenommen zu wissen, soll dazu bewegen, andere ähnlich anzunehmen.

Verstehen wir Sie richtig: In der Bibel gibt es zwei Arten, von Gott zu reden – und Sie halten diejenige von Paulus für überholt?
Nicht für überholt, sondern für falsch. Es ist ein anderes Gottesverständnis, als Jesus es hatte. Paulus wehrte sich dagegen, den geschichtlichen Jesus kennen zu lernen. Obwohl er fünfzehn Tage bei Petrus zu Gast war und dort Jakobus, den Bruder Jesu, sowie Johannes traf, ist ihm der historische Jesus von Nazaret fremd geblieben. Er wolle Jesus «dem Fleische nach» nicht kennen, schreibt er. Ginge es nach Paulus, hätten wir vom geschichtlichen Jesus, ausser der Bezugnahme auf seine Kreuzigung, keinen blassen Schimmer. Wir würden kein einziges Gleichnis kennen, keine Bergpredigt, kein Vaterunser, keine Schilderung, wie Jesus mit den Menschen umgegangen ist.
Paulus hat den historischen Jesus auf dessen Tod am Kreuz reduziert. Und da er seinen Tod so sehr ins Zentrum stellte, musste er diesen Kreuzestod auch deuten. Wohlgemerkt: Seine Theologie ist Interpretation! Dazu bot ihm Jesus aber keine Anleitung. Doch die Christenheit hat die Interpretation des Paulus fortgesetzt und verharrt dabei – allerdings mit immer schwächer werdender Batterie.

Würde sich die Batterie der Christenheit wieder füllen, wenn sie auf Paulus verzichtet?
Ganz so pauschal gehts nicht. Paulus hat das Christentum in die hellenistische Kultur geführt und ihm damit die Zukunft gerettet. Aber er hat wohl intuitiv gespürt, dass das Reich-Gottes-Programm Jesu in der griechisch-römischen Stadtkultur nicht zu vermitteln war. Damals hat seine Theologie das Christentum zum Erfolg geführt. Heute aber blockiert Paulus vielen Zeitgenossen den Zugang zum Christentum. Was einmal hilfreich war, kann auch störend werden.

Wie können wir denn heute einen etwas ­unblockierteren Zugang zum Christentum finden?
Die Botschaft Jesu hat etwas bestechend Einfaches, man muss sie nicht einmal glauben. Es handelt sich um kein komplexes Lehrsystem, sondern um eine Lebensweise, die gelebt werden will. Da heisst es: «Gott lieben mit ganzem Herzen und deinen Nächsten wie dich selbst …» Hier sind Begriffe wie Erbsünde, Gnade, Natur, Rechtfertigung, Erlösung, aus denen sich schliesslich eine ganze Dogmatik entwickelt hat, nicht nötig.

Das heisst, wir könnten auf all diese schwer verständlichen Begriffe, die ja gerade jetzt, vor Ostern, den christlichen Wortschatz ­befrachten, verzichten?
Ja. Diese Begriffe sind nicht zentral für das Christentum, sofern man zwischen der Lehre des Paulus und dem Evange­lium Jesu unterscheidet. Würde man das Leben Jesu wieder in den Mittelpunkt des Christentums stellen, könnten wir verständlich sprechen. Zugleich wäre unser Selbstverständnis ein anderes, und wir würden uns profilierter darstellen in der Gesellschaft.

Was gewänne denn an Profil, wenn man das Leben Jesu in den Mittelpunkt stellt?
Die ursprüngliche Jesusbewegung war ein Gegenpol zur allseits erfahrenen Machtausübung: Frieden schaffen und die Feinde versöhnen. Sie mutete den Armen zu, Unabhängigkeit und Freiheit zu entwickeln, als wären sie reich. Sie stand am Rande der Gesellschaft, aber entwarf eine Gesellschaftsordnung, die anders war als die herrschenden Verhältnisse. Für unsere heutige Situation ist sie immer noch Herausforderung.
Aber das griechisch geprägte Christentum des 1. Jahrhunderts hat hier einen Wandel vollzogen. Die Gemeinden passten sich der patriarchalischen Gesellschaft an und waren der Obrigkeit untertan. Der Reich-Gottes-Begriff ging im Grunde verloren.

Wovon müsste das Christentum heute ­sprechen?
Da wir dieses Christentum nicht haben, kann ich es auch nicht in drei Sätzen erfinden. Gewiss müssten wir zunächst die Jesusbewegung genauer studieren. Sie hat eine neue soziale Vision gestiftet. In unseren Kirchen wird viel zu ungenau von dieser Revolution der Werte gesprochen. Statt eine fromme Aura damit zu verbinden, wären präzise und nüchterne Klärungen des Programms Jesu zu erarbeiten. Das würde auch die oft verschwommene Rede von Nächstenliebe konkretisieren, unser soziales und wirtschaftliches Denken schärfen, inhumane Herrschaft bewusster machen und die Bereitschaft zum Statusverzicht fördern.

Sie haben in diesem Zusammenhang verschie­dentlich auf die Tischgemeinschaft Jesu verwiesen. Was spielt sie für eine Rolle?
Ich sehe in der offenen Tischgemeinschaft, von der Jesus in Gleichnissen er­-zählt und die er selbst praktizierte, ein Symbol für sein Reich-Gottes-Verständnis. Nicht Wohltätigkeit, sondern Tischgemeinschaft. Wohltätigkeit geschieht von oben nach unten. Tischgemeinschaft ist egalitär. In der Praxis Jesu bestätigen Tischgenossen nicht den eigenen Sozial­status. Aber wie man das, was einst im Lebensvollzug seinen Ort hatte, kultisch lebendig halten kann, ist eine andere Frage.

Welche Folgen hätten Ihre Vorstellungen für die heutige Kirche?
Die katholische Kirche wäre in ihrer hierarchischen Struktur mehr betroffen als Kirchen mit demokratischen Gemeindeordnungen. Sie hat ihre Ämterstruktur im Patriarchalismus des Römischen Reichs entwickelt. Das Produkt eines jesuanischen Stiftungswillens ist es nicht. Aber alle Kirchen hätten ihre paulinische Tradition neu zu überdenken.
Die reformatorischen Kirchen sind in ihrer Fixierung auf den Pfarrer immer noch am katholischen Modell orientiert. Ich kenne keine Basisgemeinden, die sich aus der spirituellen Kompetenz und dem Engagement ihrer Mitglieder aufbauen. Will die Kirche eine Zukunft haben, muss sie die Verantwortlichkeit des Einzelnen stärker einbeziehen. Überfällig ist zudem ein Update von Gottesdiensten, Liedern und Gebeten, ganz zu schweigen von einer längst fälligen Glaubensreform für die meisten Predigten.
Interview: Reinhard Kramm, Annegret Ruoff

Quelle: reformiert.info

Montag, 25. August 2014

Studie: Katholiken-Anteil in Wien seit 1970ern halbiert

Die Bevölkerung von Österreichs Hauptstadt Wien hat sich seit den 1970ern durch Migration und Kirchenaustritte deutlich gewandelt, und zwar auch in ihrer religiösen Zusammensetzung.

So hat sich der Anteil der Katholiken von 1971 bis 2011 auf 41,3 Prozent halbiert, während der Anteil der Menschen ohne Bekenntnis sich auf fast ein Drittel (31,6 Prozent) verdreifacht hat. Die drittstärkste Gruppe sind mit 11,6 Prozent Muslime (1971: 0,4).

Ebenfalls eine wachsende Gruppe stellen die Orthodoxen (8,4 Prozent; 1971: 1,1), der Anteil an Protestanten ist indes zurückgegangen (4,2 Prozent; 1971: 7,8). Kaum Änderungen gab es bei anderen Religionsbekenntnissen (von 2,0 auf 2,9 Prozent). Das zeigt eine Studie des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg, die im neuen „Yearbook of International Religious Demography“ veröffentlicht wird.
Weiterlesen auf Religion.orf.at >>


Austritte: Bundesweiter Negativ-Rekord für das Bistum Münster
Alarmierende Kirchenaustritts-Zahlen meldet die Deutsche Bischofskonferenz für die 27 Diözesen im Jahr 2013. Das skandalgeplagte Bistum Limburg verzeichnet die größte Steigerung. Überraschend dagegen der fast genauso hohe Austritts-Zuwachs im Bistum Münster.
Bundesweit traten 2013 im Schnitt 51,1 Prozent mehr Menschen aus der Kirche aus als 2012. Durchgehend schlechter als der Schnitt sind die Zahlen in den nordrhein-westfälischen Bistümern: Die Steigerungsraten liegen bei 78,6 Prozent (Münster), 68 Prozent (Paderborn), 67 Prozent (Aachen), 61 Prozent (Köln) und 58 Prozent (Essen). 
Kirchensite.de >>

Sonntag, 24. August 2014

Nur ein Traum?

eine hörende Kirche
die nicht schon die Antworten weiß
Gesetz und Weisung nicht verwechselt
die auf Macht verzichtet
in der Geschwisterlichkeit lebt
in der die Vielfalt sein darf
die keine Angst vor dem Fremden hat
die vertrauen kann
sich dem Wirken des Hl. Geistes überlassen kann

eine fragende Kirche
die Lust zum Leben macht
Freude an der Begegnung vermittelt
in der das Gespräch lebt
Befehle nicht denkbar sind
Kritisches als Chance gesehen wird
die sich als Pilgerin aufmacht
keine feste Burg mehr ist
sondern das Leben sucht

eine offene Kirche
in der meine Meinung gefragt ist
die sich mitgestalten lässt
in der Demokratie kein Reizwort ist
und Geld nicht die Pastoral bestimmt
in der man streiten darf
und sich versöhnen kann
in der das Leben lebt

eine politische Kirche
die Partei ergreift für die Zukurzgekommenen
die Stimme ist für die wortlos Gemachten
die Optionen trifft und sich festlegt
die sich einsetzt in Wort und Tat
und sich nicht kaufen lässt
die klar und deutlich Stellung bezieht
und nicht durch Diplomatie glänzt
die sich angreifbar macht

eine gottesfürchtige Kirche
die lebt was sie sagt
und sagt was sie lebt
die vertraut und hofft und liebt und hört
herausruft und protestiert
die sich Gott überlässt
und nicht an die eigene Machbarkeit glaubt
die Gott gehorcht
und auf die Menschen hört

Grün A., Und alles lassen... (gekürzt),
Herder-Verlag, Fr. i. Br., 31996, 56f.

Freitag, 22. August 2014

Franziskus sieht Rücktritt für sich als Möglichkeit



Der Rückzug Benedikts XVI. wird kein Einzelfall bleiben - davon ist sein Nachfolger überzeugt. Auf einer Pressekonferenz sprach Papst Franziskus über seine Pläne für den Fall, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtern sollte.

Papst Franziskus hat erstmals Gedanken über seinen Tod öffentlich gemacht und dabei auch einen Rücktritt angedeutet, falls seine gesundheitlichen Beschwerden überhand nehmen sollten.

Der Rücktritt seines Vorgängers Benedikt XVI. im vergangenen Jahr habe "eine institutionelle Tür geöffnet", sagte der 77-Jährige. Von einer "Ausnahme" könne nicht länger die Rede sein, "auch wenn das manchen Theologen nicht gefällt". Falls auch er sich eines Tages nicht mehr in der Lage fühlen sollte, die katholische Kirche weiter zu führen, werde er "beten und das gleiche tun" wie Benedikt, sagte der Papst. Er erinnerte daran, dass vor 60 Jahren auch emeritierte Bischöfe eine Seltenheit gewesen seien. Heute hingegen sei dies gängige Praxis.

Die Gedanken zu seinem möglichen Rücktritt sprach Franziskus auf der Rückreise von seinem Südkorea-Besuch aus. An Bord seines Flugzeugs hielt er eine kleine Pressekonferenz für mitgereiste Journalisten ab.
Quelle: Süddeutsche >> 

Weitere Themen bei der "fliegenden Pressekonferenz":

Vatikan vollzieht Kurswechsel
Papst befürwortet Einsatz im Nordirak
Bislang galt Papst Franziskus als Diplomat. Doch die Gewalttaten der Terroristen des Islamischen Staats im Nordirak lösen in Rom einen Kurswechsel aus: Der Papst spricht sich für eine Militärintervention aus.
FAZ >>

Franziskus ist bereit zu einer Reise in den Nordirak
Papst Franziskus erwägt, persönlich in den Nordirak zu reisen, um seine Solidarität mit den Flüchtlingen dort zu zeigen. Das sagte der Papst bei der „fliegenden Pressekonferenz“ auf der Rückreise von Südkorea an diesem Montag.
Radio Vatikan >>

Seligsprechung von Oscar Romero:
Blockade aufgehoben
Im Vatikan läuft seit 1996 ein Seligsprechungsverfahren für Romero. Es verlief bisher schleppend, hat seit dem Amtsantritt von Franziskus aber offenbar wieder Fahrt aufgenommen. Auf dem Heimweg von seiner Südkorea-Reise sagte der Papst vor Journalisten, es gebe keine „lehrmäßigen Probleme“ mehr, die den Prozess blockierten, berichtete die Nachrichtenagentur AP am Dienstag. Der salvadorianische Erzbischof war einer der Helden der lateinamerikanischen Befreiungstheologie.
Religion.orf.at >>

Donnerstag, 21. August 2014

Das Gottesvolk ist unfehlbar

Franziskus kritisiert die klerusfixierte Kirche. Der gelebte Glaube ist ihm wichtiger als das Nachbeten von Glaubenssätzen. Doch weder Amtsträger noch Laien greifen seine Ideen auf.
Ein Artikel von Hans Waldenfels. Er war Professor für Theologie in Bonn und lehrte zudem in Moskau, Rom und Bangalore. Zuletzt erschien von ihm: Sein Name ist Franziskus. Schöningh, Stuttgart 2014. 159 Seiten, 19,90 Euro
Christ und Welt, Ausgabe 32/2014

Mittwoch, 20. August 2014

Aktualisiert: Amtsenthebung, weil Priester nicht in andere Pfarre wechseln will

 Aktualisiert am 22.11.2014: 
Gemeinde protestiert gegen Trierer Bischof
Weil Bischof Ackermann ihren Pfarrer des Amtes enthoben hat, haben rund 200 Katholiken vor dessen Amtssitz in Trier demonstriert. Vor dem Dom verlasen sie einen offenen Brief.
SWR.de >


Aktualisiert am 18.11.2014:
Streit mit Bischof Ackermann
Priester zieht den Kürzeren
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hat einen Pfarrer seines Amtes enthoben. Nicht etwa, weil der etwas verbrochen hätte. Nein, es hatte Streit gegeben um einen Pfarreiwechsel.

Der Pfarrer von Beckingen im Saarland war in seiner Pfarrei schon länger als zehn Jahre im Amt und sollte turnusmäßig wechseln. Das wollte der 50-Jährige aber nicht und berief sich dabei auf das Kirchenrecht. Nirgendwo stehe geschrieben, dass man nach einer bestimmten Zeit wechseln müsse, begründete der Geistliche sein Beharren noch im August.

Nun hat Bischof Ackermann den Pfarrer seinen Amtes enthoben. Gründe dafür nannte das katholische Bistum Trier in seiner Mitteilung vom Samstagabend nicht. Nach früheren Angaben des Bistums hatte Ackermann den Geistlichen mehrmals gebeten, eine neue Stelle anzutreten, was nach etwa zehn bis elf Jahren üblich sei.
Weil ein Pfarrer nach mehreren Jahren an einem Ort die Stelle nicht wechseln will, wurde ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn eingeleitet

Der Pfarrer von Beckingen darf nun nicht mehr an seine alte Wirkungsstätte zurückkehren, bis der Vatikan über seine angekündigte Beschwerde entschieden habe. Das berichtet der "Trierische Volksfreund" in seiner Online-Ausgabe von Sonntag. Bis dahin werde der Priester ins Dekanat Birkenfeld versetzt.

Der Pfarreienrat in Beckingen zeigte sich in einer Mitteilung vom Sonntag enttäuscht. Damit habe Ackermann einen Pfarrer wegen "obskurer Beschwerden Einzelner des Amtes enthoben, obwohl die örtlichen Räte und eine Vielzahl von Pfarrmitgliedern ihm eine gute Arbeit bescheinigten". Der Konflikt sei per Dekret und nicht im Dialog gelöst worden.
SWR Fernsehen >>

Berichte und Kommentare auf Homepage der Pfarreiengemeinschaft Beckingen >>

Schreiben von BischofAckermann an die Gottesdienstgemeinden der Pfarreiengemeinschaft Beckingen (offizielle Amtsenthebung)


Amtsenthebung von Pfarrer sorgt für Streit:
Gläubige planen Demo gegen Bischof
(Trier) Die Amtsenthebung des saarländischen Pfarrers Christoph Eckert erhitzt weiter die Gemüter. Warum hat Triers Bischof den 50-jährigen Geistlichen so abgestraft?
Volksfreund.de >



Blog-Beitrag vom 20.8.2014:

Pfarrer Christoph Eckert: "Ich habe denen gesagt, dass ich nicht freiwillig gehe!"
Priester im Clinch mit Bischof Ackermann
Wer nicht wechseln will, soll gehen
Ein Pfarrer soll seine Pfarrei verlassen - laut Bistum Trier turnusgemäß. Doch der Priester weigert sich, will in seiner Gemeinde bleiben. Nun soll er seines Amtes enthoben werden.
SWR-aktuell >>


Bistum will saarländischen Priester des Amtes entheben – Der Geistliche wehrt sich
(Trier) Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hat gegen einen saarländischen Pfarrer die Amtsenthebung eingeleitet. Der Geistliche weigert sich, eine neue Stelle anzutreten. Und der 50-Jährige hat eine eigene Vermutung, warum er versetzt werden soll.
Trierischer Volksfreund >>

Pfarrgemeinschaft Beckingen

Youtube-Video mit Solidaritätsbekundungen für Pfarrer Eckert:
"Unser Pastor soll bleiben, weil ..." 

Stellungnahme der Ehrenamtlichen in den Pfarreien
Katholon-Blog >>

Dienstag, 19. August 2014

„Wenn wir schweigen, werden die Steine schreien“

 Wien, 7. August 2014

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich diesen Brief schreiben soll, ob ich dazu überhaupt berechtigt bin. Ich bin nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss gekommen, dass ich den Brief schreiben muss.

Ich lege meine Gedanken darin offen - in der Hoffnung, damit doch noch ein Umdenken herbeizuführen und die Erzdiözese Wien – und damit einen wesentlichen Teil der Kirche von Österreich vor einem irreversiblen Schaden zu bewahren.

Gerade als Offizier sind mir hierarchisches Denken und die Frage des Gehorsams durchaus geläufig. Ich kenne die Pflichten, aber auch die Rechte (sic!), die sich daraus ergeben. Ich lehne aber jede Form von Kadavergehorsam ab. Gehorsam ist keine Einbahnstraße, sie setzt GEGENSEITIGES Vertrauen voraus – dieses ist zurzeit einfach nicht gegeben.

Ich will durch Schweigen jedenfalls nicht mitschuldig werden an dem, das sich seit langer Zeit in der Erzdiözese abspielt.

Den folgenden Text habe ich in etwas abgewandelter und persönlicher Form an den Erzbischof von Wien gesandt. Wider Erwarten habe ich von ihm auch eine handgeschriebene Antwort erhalten. In dieser geht +Schönborn aber nicht auf den Inhalt ein. Vielmehr meinte er, dass „Dialog anders aussehe“ und „dass wer alles (so wie ich) schon weiß, keinen Dialog, keine Differenzierung brauche“.
+Schönborn vermisst bei mir auch „Selbstzweifel“ oder „Fragen, ob vielleicht auch eine andere Sicht möglich sein könnte“.

Das trifft mich sehr. Seit elf Jahren habe ich in meiner offiziellen kirchlichen Funktion im Rahmen der Bischofskonferenz +Schönborn unzählige Male um einen Termin für ein Gespräch ersucht. Immer wieder wurde mir erklärt, dass dafür keine Zeit vorhanden sei. In den meisten Fällen gab es gar keine Reaktion. Nun habe ich es auf dem persönlichen Weg versucht. Durch die pointierte Darstellung der Situation erhoffte ich, mit +Schönborn ins Gespräch zu kommen. Ich habe erwartet, endlich etwas von der „anderen Sicht der Dinge“ zu erfahren. Nur so kann man gegenseitiges Verständnis erreichen. Stattdessen musste ich mir, in Umkehr der Dinge, vorwerfen lassen, nicht dialogbereit zu sein. Letzteres lässt den Verdacht zu, dass +Schönborn meinen Brief gar nicht (bis zum Schluss) gelesen hat. Denn hier hätte er ja meine Bereitschaft zum und meine Bitte um diesen Dialog gefunden.

WER SCHWEIGT, STIMMT ZU. Ich weiß, dass mir viele zustimmen, aber nicht die Gabe haben, so einen Brief in letzter Konsequenz zu schreiben. Ich möchte mich daher auch zu ihrem Sprachrohr machen.

In herzlicher und tiefer Verbundenheit mit allen jenen Frauen und Männern, die diese (wie ich meine berechtigten) Sorgen teilen

Rolf M. Urrisk


Offener Brief zur Lage der Kirche der Erzdiözese Wien:
„Wenn wir schweigen, werden die Steine schreien“ (Lk. 19/40) >>


Siehe auch Beitrag von Mag. Urrisk vom 30.1.2014 im Blog-Archiv:
Ad limina – Welches Bild der Kirche von Österreich wird hier vermittelt?

Montag, 18. August 2014

Weiter Protest in Großwaraswdorf

Gläubigen-Initiative richtet aus Ärger Treuhandkonto für Kirchenbeiträge ein.

Am 16. Februar hielt Pater Ivan Jélic den letzten Gottesdienst in Großwarasdorf. Die Absetzung des Pfarrmoderators schlägt in der rund 1400-Seelen-Gemeinde heute noch immer hohe Wellen.Die 82-jährige Emma Karall – sie ist "seit Jahrzehnten Vorbeterin" in der Kirche – ist verärgert: "Pater Jélic war ein guter Pfarrer und beliebt. Er musste ohne Angabe von Gründen gehen. Jetzt kommt nur mehr ein Viertel der Gläubigen in die Messe."

Dass sie den einstigen Pfarrmoderator weiterhin in ihre Fürbitten einschließe, stoße laut Karalls Ansicht nach auf wenig Verständnis beim neuen Pfarrer Božidar Blažević. "Er hat mir gedroht, dass der Bischof mich exkommunizieren werde, wenn ich weiterhin Fürbitten für Pater Jélic mache und dass mich die Polizei abführen wird." An ihren Gepflogenheiten will die 82-Jährige aber nichts ändern.

Pfarrer Blažević konnte auf Anfrage zu der Causa telefonisch nichts sagen, er befinde sich derzeit im Ausland.

Von Seiten der Diözese wollte man zu der Angelegenheit nichts sagen, da der aktuelle Fall nicht bekannt sei. Bischof Ägidius Zsifkovics habe jedenfalls "noch nie jemandem eine Exkommunikation angedroht". Exkommunikationen von Seiten der Kirche kämen zudem selten vor, wie der Sprecher der Diözese, der Religionsrechtsexperte Dominik Orieschnig, erklärt. Im übrigen könne "von dem behaupteten Rückgang der Kirchenbesucher keine Rede sein, der neue Franziskanerpater ist bei den Gläubigen sehr beliebt und wird gut angenommen", so Orieschnig.

Auch Stefan Bantsich von der Initiative "Pfarrer Jélic muss zurück" macht seinem Ärger Luft. Das von Bischof Ägidius Zsifkovics im März in Aussicht gestellte "klärende Gespräch im Beisein von Pater Jélic" habe noch nicht stattgefunden, obwohl man darum gebeten habe, so der Nebersdorfer.

Treuhandkonto
Eine Gläubigerinitiative "Die Wahrheit für die Pfarren Großwarasdorf/Nebersdorf", der auch Bantsich angehört, hat nun ein Treuhandkonto bei einem Oberpullendorfer Rechtsanwalt eingerichtet. Auf das Konto sollen Gläubige ihren Kirchenbeitrag "bis zur Klärung der gestellten Fragen" einzahlen.

Das Konto nutzen will auch Anna Rozsenich. Seit Pater Jélic" Abberufung hat sie die Sonntagsmesse nicht mehr besucht. "Ich war bei einer Andacht in Eisenstadt und wollte mit dem Bischof über den Pfarrer sprechen, aber er hat abgeblockt", sagt Roszenich.

Im Bischofshof kann man den Aufruhr nicht verstehen: "Das hat mit Glauben nichts mehr zu tun, sondern hier wird offensichtlich der kirchliche Raum zur Spielwiese persönlicher Sympathien gemacht und die Gläubigen zur Zwangssympathie mit Jelic verdonnert."

Verwarnung für Pater
Ein Gespräch mit dem Bischof und Pater Jélic scheint wenig wahrscheinlich. Der Pater, so heißt es aus dem Bischofshof, habe nach seiner Rückkehr "mehrmals sein Ordenshaus und die Ordensprovinz ohne die Erlaubnis seines Oberen verlassen". Jélic habe damit aus "kirchen- und ordensrechtlicher Sicht einen schwerwiegenden Disziplinarfall geschaffen". Der Pater sei dafür von seinem eigenen Orden mehrfach kanonisch verwarnt wurden. "Pater Jélic ist es verboten, sich im Jurisdiktionsbereich der Diözese Eisenstadt aufzuhalten. Deshalb wurde das von Bischof Zsifkovics ursprünglich in Aussicht gestellte Gespräch endgültig abgesagt."Für die Diözese ist die Causa Jélic erledigt, für die Initiative aus Großwarasdorf ist der Fall "noch lange nicht passé".
Kurier >>


Für alle, die Interesse an einem Treuhandkonto haben:

Die Plattform „Wir sind Kirche“ bietet in Zusammenarbeit mit einem Treuhänder das Treuhand-Konto „Esperanza“ an. Nähere Infos und Formulare hier >>

Sonntag, 17. August 2014

Anders leben

Anders als gestern und heute.
Weil ich manchmal zu ersticken glaube
in Hektik und Langeweile,
im Trott des Festgefahrenen.
Weil ich auf der Stelle trete
bei all meinem Strampeln.

Anders leben.
Weil ich glaube,
dass mehr drinnen wäre in dem,
was sie „Leben“ nennen.
Dass auch in meinem Leben
zwischen Wecker und Spätnachrichten,
zwischen Betrieb und Schlafengehen
mehr drinnen wäre
an unausgeschöpften Möglichkeiten.

Anders leben.
Weil ich ungeduldig bin
und nicht warten möchte auf das,
was sie „Himmel“ nennen.
Weil ich jetzt schon,
heute und hier etwas spüren möchte
von Sinn und Erfüllung,
Glück und Zufriedenheit.

Anders leben.
Weil es mich reizt, Neues auszuprobieren,
ungebahnte Wege zu gehen.
Weil ich irgendwie ahne,
dass unter der Kruste der Oberfläche
mehr verborgen liegt,
als meine kurzsichtigen Augen entdecken.

Anders leben.
Weil du es bist,
der mich lockt und einladet und Mut macht!

vgl. H.-J. Coenen, Meine Jakobsleiter. Meditationen,
Patmos Verlag, Düsseldorf 1987.

Freitag, 15. August 2014

Maria

Maria, du zeigst dich uns
als die Frau, die sagt,
Gott stürzt die Mächtigen vom Thron,
als die Mutter auf der Herbergssuche,
auf der Flucht nach Ägypten,
als die Mutter,
die besorgt ist
über die ungewöhnlichen Wege ihres Kindes,
die lernen muss,
dass das Kind sich ablöst
und selbstverantwortlich entscheidet,
als die Mutter, die erlebt,
dass ihr Kind
durch seinen geraden Weg scheitert.

Wenn ich an deinen Lebensweg denke, Maria,
dann merke ich,
er ist auch ein Stück von mir.
Maria, du bist eine von uns – damals und heute.

vgl. Roland Breitenbach, Sechs-Minuten-Predigten (A),
Herder-Verlag, Fr. i. Br. 2004, 178.

Donnerstag, 14. August 2014

Brandbrief vor der Wahl des neuen Erzbischofs für Hamburg

Ein Brandbrief aus Kellinghusen ans Erzbistum
Vor der Wahl eines neuen katholischen Erzbischofs für Hamburg fordert ein Geistlicher im Ruhestand Reformen. Der Kellinghusener wendet sich mit einer Liste von Kritikpunkten an die Öffentlichkeit.

Drei Kandidaten für die Nachfolge des katholischen Erzbischofs Werner Thissen hat das Hamburger Domkapitel Papst Franziskus unterbreitet. Nichtöffentlich. „Doch welche Erwartungen es an den neuen Amtsinhaber stellt, hat das Domkapitel nicht geäußert“, bemängelt Wolfgang Kroker, Pastor im Ruhestand aus Kellinghusen (Kreis Steinburg). „Weil sich sonst keiner traut zu sagen, was die Katholiken im Norden wirklich wollen“ geht der 77-jährige Geistliche in die Offensive. In einer Art Brandbrief an Zeitungsredaktionen in Norddeutschland listet Kroker Kritikpunkte auf, von denen er meint, „dass sie eine breite Meinungsbasis in der katholischen Kirche haben“. Auch wenn ganz große Fragen wie Zölibat oder Frauen als Priester darin ausgespart bleiben – die schonungslose Analyse eines Insiders formuliert auch so reichlich Reformbedarf.

Nicht zuletzt gilt das für das Verhältnis zur protestantischen Nordkirche. „In der Ökumene ist überwiegend Stillstand zu beobachten“, kritisiert Kroker. „Von der Ökumenekommission des Erzbistums ist wenig zu hören.“ Der Kellinghusener ruft auf zu „verantwortungsvollen Gesprächen zu strittigen Themen“ wie etwa der Frage eines gemeinsamen Abendmahls von Katholiken und Protestanten. Die „großen Gesten“ der Kirchentage beider Konfessionen würden „nicht beachtet“. Verbitterung schwingt mit, wenn Kroker davon berichtet, dass zu seiner aktiven Zeit Vorgesetzte im Erzbistum eine Absprache mit der evangelisch-lutherischen Kirche stoppten, deren Gotteshaus mitzubenutzen. Die katholische Kirche in Kellinghusen war zuvor wegen Baufälligkeit abgerissen worden.

Dass die Wege für die Gläubigen durch die Umgestaltung von Pfarreien zu großgeschnittenen „pastoralen Räumen“ derzeit wesentlich weiter werden, mag Kroker nicht hinnehmen. Beispiel Pfarrei Itzehoe: Deren 7500 Gemeindeglieder verteilen sich auf 1100 Quadratkilometer – eine Fläche vergleichbar derjenigen Berlins. „Die pastoralen Räume sind keine Seelsorgerräume, sondern Verwaltungsräume. Wer da von seinem Pfarrer etwas will, muss sich schon sehr lautstark rühren“, prangert Kroker an.

Ein Zuviel wiederum beklagt er bei der Zahl der Räte im Erzbistum: „Je mehr wir davon haben, desto weniger passiert“, ist seine Erfahrung – weil jeder Rat nur darauf gucke, was der andere treibe. Ob Priesterrat, Diözesanpastoralrat oder Kirchensteuerrat – überall bemängelt der umtriebige Pastor aus dem Kreis Steinburg eine fehlende Diskussionskultur. „Über Jahre ist es im Diözesanpastoralrat des Erzbistums nie zu einer ernsthaften inhaltlichen Diskussion gekommen“, stellt Kroker fest. „Es kann nicht angehen, dass über einige Fragen des Kirchenrechts nicht in den Gremien strittig diskutiert werden darf“, schreibt er. Das betreffe etwa die Zulassung von Frauen zum Diakonat. Um die Zurückhaltung zu ändern, bedarf es Krokers Ansicht nach in den genannten Räten stärkerer Mitsprache- und Entscheidungsmöglichkeiten für Priester und Laien.

Stellvertretend für viele von der Basis äußert Kroker den Wunsch: Der neue Erzbischof möge das Gespräch mit der „großen Anzahl von Priestern im Erzbistum Hamburg suchen, die aus ihrem Amt wegen Heirat ausgeschieden wurden“. Mit der Eheschließung hätten die Betroffenen schließlich weder die Kirche noch den Glauben verloren.
Flensburger Tageblatt >>

Ergänzung:

Kellinghusen gehört zur katholischen Pfarrei St. Ansgar Itzehoe
Die Diasporapfarrei liegt im Süd-Westen Schleswig-Holsteins. Sie erstreckt sich von West (Trischen) nach Ost (Wrist) ca. 70 km weit, von Süd (Glückstadt) bis Nord (Süderhastedt) ca. 30 km weit - ein Fläche, größer als Berlin. Die Pfarrei entstand aus ehemals fünf selbstständigen Pfarreien, die heute als Gemeinden weiter existieren.

Mittwoch, 13. August 2014

Tebartz-van Elst: "Sechs Jahre Despotie und Duckmäusertum"


Der 'Fall' Tebartz-van Elst. Kirchenkrise unter dem Brennglas
Audio-Beitrag auf ARD >>


"Despotie und Duckmäusertum"
Am 'Fall' des ehemaligen Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst lassen sich aktuelle Krisenphänomene der katholischen Kirche wie unter einem Brennglas beobachten und analysieren – so lautet die Kernthese eines neuen Sammelbands, der am Montag im Freiburger Verlag Herder erscheint.
Katholisch.de >>


Limburger Bischofsskandal
Neuer Sammelband analysiert Folgen des Tebartz-Skandals
Welche Narben hat der Skandal um den "Protzbischof" Tebartz-van Elst im Bistum hinterlassen? Ein bald erscheinender Sammelband versucht, darauf eine Antwort zu finden.
Frankfurter Neue Presse >>


Telefonseelsorge für Tebartz-Geschädigte
Das Erbe des Skandalbischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst beschäftigt das Bistum Limburg weiterhin. Ein Ansatz zur Aufarbeitung: Haupt- und Ehrenamtliche sollen sich nun die Verletzungen seiner Ära an einer Hotline von der Seele reden können. Die Betroffenen sind davon nicht unbedingt begeistert.
Beitrag auf Deutschlandfunk >>

Dienstag, 12. August 2014

Sie kämpft für Priesterinnen

Die Basler Juristin Denise Buser
Verstösst die Praxis der katholischen Kirche gegen das Gleichstellungs­gesetz? Ja, sagt eine Juristin. Sie zeigt Szenarien auf, wie sich Frauen den Zugang zum Priesteramt erkämpfen könnten.
Das Strafrecht und das Zivilrecht gelten auch für Religionsgemeinschaften. Nicht aber das in der Bundesverfassung verankerte Diskriminierungsverbot: Bis ­heute können Religionsgemeinschaften Frauen problemlos den Zugang zu Leitungsämtern verweigern, auch die römisch-katholische Kirche. Dagegen kämpft die Basler Juristin Denise Buser (54). Mit ihrem neuen Buch «Die unheilige Diskriminierung» will sie zu einer Bewusstseinsänderung beitragen.
Weiterlesen in der Neuen Luzerner Zeitung >>


Priesterinnen per Gesetz – eine juristische Vision
Seit langem fordern fortschrittliche Kräfte in der römisch-katholischen Kirche die Priesterweihe auch für Frauen. Bis anhin hat Rom gemauert. Das könnte sich nun ändern, dank einer juristischen Studie.
Die Basler Rechtsprofessorin Denise Buser hat in ihrer Studie nachgewiesen, dass das Verbot des Frauenpriesteramtes heute juristisch gesehen nicht mehr haltbar ist. Die Gleichstellung sei höher zu gewichten als die Religionsfreiheit. In ihrer Publikation «Die unheilige Diskriminierung» gibt sie Anleitungen dazu, wie sich Theologinnen dieses Recht erstreiten könnten.
Radio SRF 2 Kultur >>  (Audio-Beitrag ab 6' 30'')


Unheilige Diskriminierung
Jüngst ist ein Buch unter dem Titel «Die unheilige Diskriminierung» erschienen, in dem aufgezeigt wird, dass Frauen rein rechtlich nichts mehr im Wege steht, religiöse Leitungsämter zu übernehmen. Traditionelle Gegenargumente im Namen der Religionsfreiheit halten dem Gleichstellungsgesetz heute kaum mehr Stand.
Tachles.ch >>


«Ideal wäre, wenn es zu einem Gerichtsfall käme»
Die Basler Rechtsprofessorin Denise Buser hofft, dass die Kirche bei der Einführung des Frauenpriestertums umzudenken beginnt – dank Initiativen und Gerichtsfällen.

Voraussichtlich im September stimmen die katholischen Stimmberechtigten von Basel-Stadt und Basel-Landschaft über zwei kirchliche Gleichstellungsinitiativen ab. Was bezweckt man damit?
Es geht um den Verfassungszusatz, den kirchlichen Behörden das Anliegen zu unterbreiten, dass die katholische Kirche die gleichberechtigte Zulassung zum Priesteramt ermöglicht – also unabhängig von Zivilstand und Geschlecht. Wichtig ist, dass dieses Zeichen auch von anderen Kantonen aufgegriffen wird und sich eine Art Dominoeffekt ergibt.

Was kann die Abstimmung auslösen?
Ein Ja würde sicher ein starkes Zeichen sein, zumal der Bischof von Basel, Felix Gmür, zur Abstimmungsvorlage steht und damit zum Ausdruck bringt, dass sich in der Frage des Zugangs von Frauen zum Priesteramt und beim Zölibat etwas ändern muss. Ideal wäre, wenn es auch zu einem Gerichtsfall käme, bei dem das Grundrecht der Gleichstellung mit der Religionsfreiheit kollidiert.
Weiterlesen im Tagesanzeiger >>


Weiterführender Link:
Ja zur kirchlichen Gleichstellungsinitiative
Diese Initiative soll die Behörden der Römisch-Katholischen Kirche Basel-Stadt und der Römisch-Katholischen Landeskirche Basel-Landschaft (d.h. Synoden und Kirchenräte) verpflichten, darauf hinzuwirken, dass die Römisch-Katholische Kirche die gleichberechtigte Zulassung – unabhängig von Zivilstand und Geschlecht – zum Priesteramt ermöglicht.

Montag, 11. August 2014

Die Kirchensteuer hilft nicht weiter

In Deutschland zieht das Finanzamt die Beiträge für die Kirchen ein. Doch weder die Gläubigen noch deren Hirten sind damit zufrieden. Das System hat sich überlebt. Eine Einladung zur Diskussion
Christ und Welt, Ausgabe 33/2014

Kirchensteuer ist ein Auslaufmodell
Die Verflechtung von Religion, Geld und Mitgliedschaft widerspricht der Moderne
Hamburger Abendblatt >>


Blogarchiv:
Kirchenaustritte: Anatomie eines Misstrauensvotums

Sonntag, 10. August 2014

Vertrauen schaffen

Hab die Menschen gern,
so wie sie sind.
Es gibt keine anderen.
Sag zum Mann, zur Frau,
zum Freund, zur Arbeitskollegin:
„Für mich musst du nicht vollkommen sein!“

Das schafft eine Atmosphäre des Vertrauens,
der Wärme und Geborgenheit.
Sei ein Mensch,
der mit den Mitmenschen
von Herzen glücklich ist,
selbst wenn es ein Mensch
mit gebrochenen Flügeln ist.

Phil Bosmans, Leben jeden Tag. 365 Vitamine für das Herz,
Verlag Herder, Freiburg i. Br. 2008, 51.

Freitag, 8. August 2014

Wie kann ich gut sterben?

Nikolaus und Anne Schneider
In die schon lang anhaltende Debatte, ob und unter welchen Bedingungen aktive Sterbehilfe legal sein sollte, platzte plötzlich ein Interview. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, stellte sich mit seiner Frau Anne den Fragen der „Zeit“ (Ausgabe vom 17. Juli). Vorausgegangen war Schneiders Entscheidung, sein Amt vorzeitig abzugeben. Er will mehr Zeit haben für seine Frau, nachdem diese die dramatische Diagnose einer aggressiv wuchernden Krebserkrankung erhalten hatte. In dem Interview sprechen die beiden bewegend über ihr gemeinsames Leben, ihren Glauben - beide sind Theologen - und den Tod. Nicht abstrakt, sondern sehr persönlich: Wo bist du, wenn ich sterbe? Was tust du, wenn ich über die Maßen leiden muss, wenn ich nicht mehr kann? Schnell wird deutlich, dass sie unterschiedlicher Meinung sind. Er bringt es auf die Formel: „Beim Sterben jede Hilfe. Aber nicht zum Sterben.“ Sie widerspricht: „Das ist doch eine Elfenbeinturm-Unterscheidung! Ich finde, beim Sterben helfen, kann auch heißen, dass man den Sterbeprozess beschleunigt. Dann ist es auch eine Hilfe zum Sterben. Das lässt sich gar nicht trennen.“ Er beharrt auf seiner Position. Die „weitgehende Schmerzfreiheit - die muss gesichert sein. Aber ein Giftcocktail ist ausgeschlossen.“ Daraufhin wirft sie eine theologische Überlegung in die Debatte: „‚Herr lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden‘: Diese biblische Bitte heißt für mich, dass ich mein Ende aktiv gestalten kann in der Verantwortung vor Gott. Zur Gottebenbildlichkeit des Menschen gehört für mich eine Gestaltungsfreiheit von Anfang bis Ende.
Weiterlesen in CHRIST IN DER GEGENWART >>


Wenn Schwerkranke den Wunsch nach Sterbehilfe äußern
Viele Angehörige erschrecken oft, wenn sich Erkrankte eine aktive Sterbehilfe wünschen, berichtet Pfarrer Matthias Schnegg. Das gelte es auszuhalten und nicht sofort mit moraltheologischen Argumenten zu unterdrücken. Schnegg ist in Köln Diözesancaritaspfarrer und engagiert sich in der Hospiz- und Trauerarbeit.
Ein Interview mit Pfarrer Matthias Schnegg auf domradio.de >>


ZdK-Präsident Glück:
Organisierte Sterbehilfe ist unverantwortlich
Gegen Sterbehilfe bei Todkranken spricht sich Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), in der aktueller Ausgabe des Magazins Stern aus. Denn daraus entstehe Druck auf Menschen, die lange Zeit Unterstüzung bräuchten.
Pro-Medienmagazin >>


Interview mit Christoph Kardinal Schönborn:
"Das Nein zur Sterbehilfe ist unumstößlich"
Christoph Kardinal Schönborn hält das Thema "Kirche der Armen für die Armen" für das vorrangige Anliegen des Papstes. 
Der Erzbischof von Wien hält sich an Kardinal König: "Der Mensch soll an der Hand, aber nicht durch die Hand eines Menschen sterben."
RP-Online >>

Donnerstag, 7. August 2014

Opus-Dei-Bischof suspendiert und Befreiungstheologe rehabilitiert

Paraguay:
Bischof Livieres laut Medienberichten suspendiert

Rogelio Livieres Plano (68), in Paraguay tätiger Bischof, ist laut Medienberichten seines Amtes enthoben worden. Für diese Maßnahme gab es am Montag, 28. Juli 2014, keine offizielle Bestätigung seitens des Vatikan. Livieres gehört dem Opus Dei an und war zuletzt den Versammlungen der Bischofskonferenz des Landes wiederholt ferngeblieben. Im Hintergrund geht es offenbar um den künftigen Kurs der Priesterausbildung.

Wie die Tageszeitung "Cronica" (Sonntag) berichtet, ist die Suspendierung des Bischofs eine erste Konsequenz des von Papst Franziskus veranlassten "pastoralen Besuchs" von Kurienkardinal Santos Abril y Castello in Paraguay. Livieres, dem Oberhirten der Diözese Ciuadad del Este, sei damit unter anderem untersagt, Priester zu weihen. Details zu der Entscheidung nannte der Kurienkardinal nicht - "erstens aus Höflichkeitsgründen und zweitens aus Respekt vor dem Heiligen Vater", zitiert ihn die Zeitung.

Livieres gilt als konservativ und betonte wiederholt, mehr Priester zu weihen als das Erzbistum Asuncion. Den Geistlichen in der Hauptstadt warf er vor, der Befreiungstheologie nahezustehen.

Im Juni hatte Livieres für ein breites Medienecho gesorgt, als er den Erzbischof von Asuncion, Eustaquio Pastor Cuquejo Verga, öffentlich als homosexuell bezeichnete. Cuquejo solle aus der Kirche ausgeschlossen werden, so Livieres.

Die Paraguayische Bischofskonferenz hat bisher vergeblich versucht, den Streit zu moderieren. "Die Situation ist sehr schmerzhaft und beschämend", sagte deren Vorsitzender Bischof Claudio Gimenez der Tageszeitung "ABC Color".

Das Opus Dei ("Werk Gottes") wurde 1928 vom später heiliggesprochenen spanischen Priester Josemaria Escriva de Balaguer (1902-1975) als katholische Laienbewegung gegründet. Weltweit gehören dem Werk rund 90.000 Laien sowie etwa 2.000 Priester an. Papst Johannes Paul II. gewährte der Vereinigung 1982 die damals neue Rechtsform einer "Personalprälatur" mit einer gesonderten Priesterausbildung.
Blickpunkt Lateinamerika >>

Paraguay: Kurienkardinal suspendiert Bischof Livieres
Konflikt um argentinischen Bischof Livieres schwelt schon seit längerem
Kathpress >>

Vatikan „stoppt“ ein Priesterseminar in Paraguay
Der paraguayische Bischof Rogelio Ricardo Livieres darf vorerst keine neue Priester weihen. Das bestätigte Vatikansprecher Federico Lombardi an diesem Mittwochnachmittag. Die Entscheidung kam nach der kanonischen Visitation des Papstgesandten Kardinal Santos Abril y Castelló. Die Aufhebung sei als Schutzmaßnahme gedacht, so Lombardi. Kardinal Santos Abril y Castelló wird dem Papst demnächst die genauen Resultate seiner Untersuchung mitteilen, so eine Vatikannote. Bischof Livieres leitet die Diözese Ciudad del Este. Sein Generalvikar, Carlos Urrutigoity, war kurz vor dem Eintreffen des vatikanischen Visitators am 14. Juli von seinem Amt zurückgetreten. Hintergrund ist auch ein Streit Bischof Livieres mit dem Erzbischof von Asuncion, Eustaquio Pastor Cuquejo Verga. Im Juni hatte Livieres dem Erzbischof von Asuncion öffentlich vorgeworfen, homosexuell zu sein. Cuquejo sollte nach Ansicht von Livieres aus der Kirche ausgeschlossen werden. Als Beweis seiner „Linie“ habe er sich gerühmt, mehr Priester zu weihen als das Erzbistum Asuncion.
Radio Vatikan >>

Mario Daniel Vera wird nicht zum Priester geweiht
Ein Blick auf die Diözese Ciudad del Este in Paraguay
Mario Daniel Vera war einer der zwölf Seminaristen die am 15. Mai 2014 durch S. E. Bischof Rogelio Livieres Plans zu Diakonen geweiht wurden. - Das Fest Maria Himmelfahrt, am 15. August 2014, sollte der Tag ihrer Priesterweihe werden.
Nun hat Rom diese Weihen untersagt.
et nunc >>

Der frühere nicaraguanischen Außenminister und Befreiungstheologe Miguel D'Escoto

Papst hebt Suspendierung für Pater D'Escoto auf
Papst Franziskus hat die Priesteramtsenthebung für Pater Miguel d´Escoto Brockmann aufgehoben. Der Missionar der Maryknoll-Kongregation war in den 80er-Jahren wegen seiner Beteiligung an der sandinistischen Regierung in Nicaragua von Papst Johannes Paul II. vom Amt suspendiert worden. In einem Brief hatte Pater D´Escoto Papst Franziskus gebeten, ihn wieder zum Priesteramt zuzulassen, damit er „vor seinem Tod nochmals die Heilige Messe zelebrieren“ dürfe.

Diesen Wunsch habe der Papst entsprochen, jedoch die endgültige Entscheidung dem Ordensoberen der Maryknoll-Kongregation überlassen. Dieser soll nun darüber entscheiden, ob D´Escoto als Priester wieder tätig sein darf oder nicht.

Der Missionar war auch nach der Suspendierung in der Missionsarbeit tätig, jedoch ohne seelsorgerliche Aufgaben. Er hatte den Beschluss von Papst Johannes Paul II. von Anfang an akzeptiert und befolgt. Pater Miguel d´Escoto Brockmann ist 81 Jahre alt. Nach kirchlichen Vorschriften dürfen Priester prinzipiell keine politischen, erst recht keine parteipolitischen Ämter übernehmen. In den Jahren 2008 bis 2009 war D'Escoto Präsident der UNO-Vollversammlung.
Radio Vatikan >>

Papst hebt Suspendierung von sandinistischem Priester auf
Johannes Paul II. hatte ihn vom Priesteramt suspendiert. Nun, 30 Jahre später, hat Papst Franziskus den früheren nicaraguanischen Außenminister D'Escoto rehabilitiert.
Zeit-Online >>

Rehabilierter Priester D'Escoto bereut Arbeit als Minister nicht
Am Montag hatte Vatikan bekanntgegeben, dass das Verbot der Ausübung des Priesteramts für den früheren Außenminister Nicaraguas aufgehoben ist
Kathpress >>

Aktualisierung:

Befreiungstheologe Cardenal verzichtet auf Priesteramt
Der ehemalige nicaraguanische Kultusminister und Befreiungstheologe Ernesto Cardenal (89) will Papst Fraziskus nicht um eine Wiederzulassung zum Priesterdienst bitten.
Religion.orf.at >>

Mittwoch, 6. August 2014

Kann der Papst Priesterinnen zulassen?

1994 sprach Johannes Paul II. sein großes Nein gegen die Frauen-Ordination. Jetzt wird erneut über die Unumstößlichkeit des Vetos diskutiert. Beim Zölibat ist es einfacher: Franziskus könnte ihn rechtlich sofort revidieren.
Das Interview mit Kölns Weihbischof Dominikus Schwaderlapp mit Aussagen gegen Priesterinnen und für den Zölibat hat Aufsehen erregt. Ein Grund, in einer heute beginnenden Artikel-Serie zunächst der Frage nachzugehen, ob und wie grundstürzende päpstliche Erneuerungen möglich wären.
RP-Online >> 


Jesuit für offene Debatte über Zölibat
Für eine offene Debatte über die verpflichtende Ehelosigkeit für Priester in der katholischen Kirche plädiert der Jesuit Hans Waldenfels. Derzeit versuchten die Bischöfe in Deutschland sich "mit dem Priestermangel zu arrangieren, indem sie Großgemeinden schaffen", schreibt der Fundamentaltheologe in einem Gastbeitrag für die "Zeit"-Beilage "Christ&Welt" (Donnerstag). Dies sei "viel zu klerikalistisch" gedacht und laufe Anstößen von Papst Franziskus zuwider, die Kirche von unten aufzubauen.
Katholisch.de >>


Im Kontext:

"Sie wollten nicht mehr zölibatär leben"
Fünf Priester haben im Bistum Trier in den vergangenen eineinhalb Jahren ihr Amt wegen des Zölibats aufgegeben.
Tagblatt >>

Dienstag, 5. August 2014

Theologisches Gutachten zum Vorbereitungsdokument der Familiensynode 2014

Um die Bischöfe für die Vorbereitung zur Synode zu unterstützen, stellen Vertreterinnen und Vertreter der Fachbereiche Theologische Ethik / Moraltheologie und Pastoraltheologie der Katholisch-Theologischen Fakultät Wien die erbetene theologische Expertise zum Vorbereitungsdokument der kommenden außerordentlichen Bischofssynode „Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Kontext der Evangelisierung“ (2014) zur Verfügung.
Hier als PDF >>

Blog-Archiv vom 2. Juli 2014:
Familiensynode: Die Debatte ist eröffnet

Montag, 4. August 2014

Frankfurter Stadtdekan: "Wir können Bischöfe laufen lassen, aber unsere Gläubigen nicht."

Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz
Zwischenruf von Johannes zu Eltz
Das Bistum braucht den Bischof als Häuptling
Die katholische Kirche verzeichnet nach der Affäre um Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst eine drastisch gestiegene Zahl an Austritten. Anlass für den Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz für einen Zwischenruf.

Die Jahre mit Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst haben ein Schlachtfeld hinterlassen. Der Machtmissbrauch in der Ausübung des Amtes, die Kaltschnäuzigkeit im Umgang mit den Leuten, die vielen Lügen und daraus die Erfahrung der Menschen, dass sie nicht ernst genommen werden. Das hat Zorn, Verbitterung und Verunsicherung ausgelöst. So etwas hat es seit Menschengedenken in der deutschen Kirche nicht gegeben.
Weiterlesen auf Journal Frankfurt >>


Zum Thema:

Bedrückende Erfahrungen zur Sprache bringen
Weihbischof Manfred Grothe, der Apostolische Administrator für das Bistum Limburg, hat nach ersten zahlreichen Gesprächen und Begegnungen ein Gesprächsangebot für Haupt- und Ehrenamtliche initiiert, um über bedrückende Erfahrungen der vergangenen Jahre und über persönliche Verletzungen oder Kränkungen sprechen zu können. "Viele, die sich aus ihrem Glauben heraus mit großem Einsatz für unsere Kirche engagieren, sind durch die Ereignisse der letzten Zeit innerlich tief erschüttert worden", schreibt Grothe in einem Brief, der am Montag, 21. Juli, an alle Priester, Diakone, Hauptamtlichen Pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, an alle gewählten Mitglieder in den Synodalen Gremien sowie an die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas im Bistum Limburg verschickt wurde.
Portal des Bistums Limburg >>

Tebartz begnügt sich jetzt mit 180 Quadratmetern
Beste Lage, zwei Balkone, toller Blick: Der geschasste Limburger Bischof Tebartz-van Elst zieht in Regensburg in eine Etagenwohnung in einem Gründerzeit-Haus. Führende Priester raten ihm zu Offenheit.
Die Welt >>

Sonntag, 3. August 2014

Brot sein

Es war Abend geworden. Die vielen Menschen, die nach einem langen Marsch und einem langen Tag hungrig dastanden. Jesus zu den Jüngern: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ Darauf die Antwort: „Wir haben doch nur fünf Brote und zwei Fische!“ Und wieder Jesus: „Bringt sie her!“

In der Welt scheint es Abend zu werden. Die vielen Menschen, die nach Glück und Sinn hungern, lebensmüde und traurig sind. Jesus zu uns: „Macht sie glücklich!“ Unsere Antwort: „Wir haben doch nur zwei Augen, zwei Ohren und einen Mund. Wir haben doch nur zwei Hände!“ Und Jesus: „So seht mit den zwei Augen die Not, hört mit den zwei Ohren das Leid und sprecht mit dem einen Mund ein gutes Wort. Die zwei Hände aber streckt helfend aus.“ Dann werden Menschen auch heute glücklich. Wie damals Menschen satt wurden.

aus einem Fastenkalender, in: Lebendig ist das Wort,
Impuls- und Meditationstexte zur Bibel,
Haus der Stille-Heiligenkreuz, 2000, 159.

Freitag, 1. August 2014

Satan auf der Schulter

Fundamentalisten sollen die katholische Kirche in Österreich erneuern. Das hofft zumindest der Wiener Kardinal 

Die Kirche in Österreich sei schuldig, davon ist der Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn überzeugt. Das kommt so: Als der Vatikan in den sechziger Jahren die Pille ächtete, gestanden ausgerechnet Österreichs Bischöfe ihren Gläubigen zu, nach ihrem Gewissen selbst zu entscheiden. Für Schönborn ist das die Ursünde des österreichischen Katholizismus.

Die Oberhirten jener Jahre hätten Angst gehabt, so predigte er im Jahr 2008 in Israel vor Anhängern des Neokatechumenalen Wegs, Angst vor der Presse, Angst vor dem "Unverständnis unserer Gläubigen", Angst, gegen den Strom zu schwimmen. Das Publikum hörte das gerne. Schließlich haben die Katholiken des Neokatechumenalen Wegs keine Angst, gegen den Strom zu schwimmen. Sie sind sogar besonders stolz darauf, dass sie es tun.

Alle Päpste seit Paul VI. haben diese verschworene Gemeinschaft als neue Hoffnung für die Kirche gefördert. Obwohl kaum bekannt, ist der Neokatechumenale Weg eine der mächtigsten Bewegungen strenggläubiger Katholiken in der Kirche; und Schönborn ist, was kaum jemand weiß, einer der mächtigsten Förderer des Wegs im deutschen Sprachraum.

Das Ziel des Wegs: die Kirche zurückführen zu einer Art frühchristlicher Glaubensstrenge. Die Anhänger der sektenartigen Kirchenfraktion sind dem Stuhl Petri treu ergeben. Sie glauben an die Gegenwart des Satans. Sie verdammen Geburtenkontrolle und Homosexualität als Teufelswerk. Kurz: Für Schönborn sind sie ganz anders als das renitente Kirchenvolk, mit dem er sonst zu tun hat – so herzerfrischend, so unkompliziert, so treu.

Die aufmüpfigen Katholiken in Europa sollen so zu einem neuen Verständnis von Taufe und Gehorsam angeleitet werden. Gerade diese Unangepasstheit an den Zeitgeist mache den Weg, so Schönborn, zum "Trost für Europa". Johannes Paul II. und Benedikt XVI. sahen das ähnlich. Sie ermöglichten es dem Weg sogar, eigene Priesterseminare zu eröffnen für alle, die sich irgendwann zu Höherem, also zu Weihe und Zölibat berufen fühlen und nicht gewillt sind, den gottgefälligen Weg zu verlassen.

Dabei steht an der Spitze des Wegs kein Geweihter, sondern ein Künstler: der spanische Maler Kiko Argüello. Mitte der sechziger Jahre war ihm angeblich die Jungfrau Maria erschienen. Argüello zog in ein Armenviertel bei Madrid und fing an, für die Gestrandeten zu singen. Die erste Gemeinschaft entstand. Heute ist der Weg mit 20.000 Gemeinschaften in 1.300 Bistümern aktiv. 1,5 Millionen Gläubige sollen ihm angehören. Zudem betreibt er 100 Priesterseminare weltweit, eines davon, das Missionskolleg Redemptoris Mater, steht am Wolfrathplatz in Wien. 37 Seminaristen aus 20 Nationen werden hier ausgebildet. Bereits heute sind 23 Priester des Wegs im Erzbistum aktiv. Kardinal Schönborn ist sich sicher: "Wenn wir nicht dieses Seminar hätten, welche Armut in unseren Diözesen wegen des Fehlens an Berufungen." Ist es also nur eine Frage der Zeit, bis ein Priester des Wegs es bis zum Bischof bringt? Wie aber stellen sich diese Bischöfe von morgen die Kirche der Zukunft vor?

In Wien gibt es darauf von offizieller Seite keine Antwort. Hier lehnen der Leiter des Priesterseminars, der Österreich-Verantwortliche des Wegs, ein ehemaliger Apotheker, sowie Schönborn selbst ein Gespräch ab. Antworten muss man anderswo suchen. In Linz etwa. Seit 2005 wirkt dort Ludwig Schwarz – ein ehemaliger Wiener Weihbischof unter Schönborn – als Oberhirte. Schwarz gilt als konservativ, blass und loyal gegenüber Rom und seinem alten Chef. Damit ist er so ziemlich das Gegenteil seines Vorgängers Maximilian Aichern. Der geißelte gerne die Atomindustrie, ließ Flüchtlingsfamilien in seinem Bischofssitz wohnen und bekundete noch als Bischof außer Dienst Verständnis für die Pfarrer-Initiative von Helmut Schüller.

Was mit dem befreiten Geld genau geschieht, wissen die meisten Gläubigen nicht
Vor fünf Jahren erreichte Schwarz die Nachricht, dass in der Linzer Pfarre Herz Jesu etwas nicht in Ordnung sei. Die Pfarre wird von einem Pfarradministrator und einem Kaplan geleitet, die beide dem Weg angehören. Elternvertreter beklagten sich, der Pfarradministrator habe ihren Kindern eingeredet, der Teufel sitze ihnen auf der Schulter. Zudem spalte das Neokatechumenat die Gemeinde in Erleuchtete und Sonntagschristen – ein Vorwurf, der auf der ganzen Welt in Pfarren erhoben wird, in die der Weg eingedrungen ist.

Im Frühjahr 2012 führt Franz Handlechner, Dechant des Bistums Linz, eine offizielle Visitation in der Herz-Jesu-Pfarre durch. Der Visitationsbericht, welcher der ZEIT vorliegt, erhebt schwere Vorwürfe. Die Geistlichen des Wegs hätten "eine Seelsorge des Verärgerns, Vertreibens und Verletzens" praktiziert. "Erwachsene, psychisch gefestigte Personen" seien "zur Verzweiflung gebracht" worden. Kinder mussten öffentlich im Pfarrsaal beichten und bei der Erstkommunion Satan entsagen. "Familie ist wichtig", so soll der Pfarradministrator seine eigene Interpretation der katholischen Sexualmoral verkündigt haben, "aber nicht die mit zwei Kindern, sondern die mit vier, fünf oder sieben Kindern."

Der Bericht belegt: Die Priester ignorierten oder entmachteten alle gemeindeinternen Kontrollinstanzen. Die Folge: Ein Exodus von 256 ehrenamtlich engagierten Katholiken, die mit dem Weg nichts anfangen konnten und die Pfarre verließen – "und es ist den beiden neokatechumenalen Priestern egal, dass sie weg sind", steht im Visitationsreport.

Warum konnte der Weg in Herz Jesu schalten und walten, wie er wollte? In dem Brief der Dekanatsleitung heißt es: "Hinweisen möchten wir, dass es vermutlich eine Absicht des Kardinals Schönborn ist, die räumlichen Gegebenheiten von Herz Jesu zu nutzen, um hier einen Stützpunkt des Neokatechumenats in Oberösterreich zu etablieren: wir wissen (...), dass der Kardinal einmal in Herz Jesu war, um die Lokalitäten zu erkunden." Der Bericht gipfelt in einem Appell an Bischof Schwarz: "Du hast die Verantwortung, dem Einhalt zu gebieten. Was muss noch alles passieren, damit du handelst?" Schwarz jedoch versetzte die Priester nicht. Das Bistum kommentiert das so: "Auf die Wünsche des Bischofs sind beide Priester im Wesentlichen eingegangen. Deshalb sind sie auch weiterhin im Amt."

Was aber macht den Weg für die Kirche so attraktiv? Neben den Berufungen zum Priesteramt sind es wohl vor allem die vielen Geburten. Oft ziehen Ehepaare des Wegs fünf oder mehr Kinder groß. Jedes von ihnen gilt im Weg als Beweis, dass man die katholische Sexualmoral tatsächlich lebe. Das gefällt den Bischöfen. Diesen Kirchenfürsten ist zahlreicher Nachwuchs noch immer Synonym für eine heile Glaubenswelt mit gottgefälligem Eheleben. So auch Schönborn: "Ich komme aus einer geschiedenen Familie", predigte er 2008 vor den Anhängern des Wegs, "meine Eltern waren geschieden, mein Großvater war geschieden, meine zwei Brüder waren geschieden." Im Weg hingegen sind Scheidungen undenkbar. Dafür sorgt ein ausgeklügeltes System sozialer Kontrolle.

Anton Hofer (Name von der Redaktion geändert) hat dieses System am eigenen Leib erlebt. Beinahe 20 Jahre gehörte er einer Gemeinschaft des Neokatechumenats in einer österreichischen Großstadt an. "Öffentliche Gewissenserforschungen", sagt er, "waren da selbstverständlich." Auch für Priester. Einmal habe er sogar erlebt, wie ein Priester vor der Gemeinschaft über seine Gelüste sprechen musste. Unwürdig sei das gewesen.

Aber die Kontrolle könne nicht nur beengen, sie könne auch behüten. Das erfuhr Hofer Anfang der neunziger Jahre. Damals habe er, erzählt er, in einer Lebenskrise gesteckt und Halt gesucht, so wie viele, die auf den Weg aufmerksam geworden sind. Der Weg gab ihm, was er brauchte: Geborgenheit, Regeln, Struktur. Irgendwann aber wurde die Struktur übermächtig. Sie fraß das Leben, bis kaum mehr etwas übrig blieb.
Jede Gemeinschaft des Wegs wird von einem Verantwortlichen und einem Katechisten geleitet. Ihnen gehorcht die Gemeinschaft. Dabei sind beide nur ganz normale Laien. Ausbildung oder Weihe braucht es für ein Amt im Weg nicht. Den Katechisten infrage zu stellen ist dabei ebenso verpönt wie freies Denken oder jeder Hauch von Kritik. Nur das persönliche Glaubenszeugnis zählt, das Bekenntnis. Der Theologe Paul Zulehner nennt das den "strategisch genötigten Glaubensweg" des Katechumenats.

"Es gibt Universitätsprofessoren im Weg", erinnert sich Hofer, "die ohne den Katechisten die einfachsten Dinge des Lebens nicht entscheiden konnten." Der Weg gliedert sich in Stufen, die der frühchristlichen Vorbereitung auf die Taufe, dem sogenannten Katechumenat, nachgebildet sind. Wer eine gewisse Stufe erreicht, entrichtet den "Zehnten" und spendet zehn Prozent seines Bruttoeinkommens an den Weg. Zudem ist es üblich, bei den Übergangsritualen, den Scrutinien, Geldopfer zu erbringen. Geld gilt im Weg als Götze. Der Gläubige müsse sich davon befreien. Was mit dem befreiten Geld genau geschieht, wissen die meisten Gläubigen nicht.

Die Priesterberufungen und die Geburtenzahlen machten ihn mächtig
Warum tut sich das ein frommer Mensch an? "Weil ein Leben außerhalb des Wegs nach einiger Zeit undenkbar ist", erklärt Hofer. Schließlich gibt man dem Weg alles, seine Zeit, sein Geld. Da fällt der Ausstieg schwer. Anton Hofer hat ihn geschafft. "Bei einer Katechese hieß es: Gott schickt dir Krebs, eine Frau, die dich betrügt, Kinder, die Drogen nehmen – gerade deshalb musst du ihn lieben!" Unsinn, dachte Hofer, und sagte das dem Katechisten. Der antwortete: "Was ich sage, ist das Wort Gottes." Eine Häresie für Hofer: "Da wusste ich, ich muss gehen."

Anton Hofer hatte Glück. Nach seinem Ausstieg wurde er nicht wie viele Abtrünnige von seiner Gemeinschaft geächtet – eine Praxis übrigens, die Papst Franziskus bereits öffentlich kritisierte. Noch heute sind seine Frau und seine Kinder im Weg. Manchmal geht er sogar mit ihnen am Samstagabend zur Eucharistie. "Die ist wirklich schön." Wahrscheinlich hofft die Gemeinschaft immer noch, dass er eines Tages in den Schoß der Gemeinde zurückkehrt.

Wie viele Aussteiger hat auch er sich damals an die Kirche gewandt. Sie sollte wissen, was vorgeht in den Zellen des Wegs. Der Vertreter seines Heimatbistums, erzählt Anton Hofer, habe auch tatsächlich Verständnis gehabt für seine Not. Getan aber hat er nichts. Was könne die Kirche auch tun gegen den Weg? Die Priesterberufungen und die Geburtenzahlen machten ihn mächtig.

Ähnlich sprach- und antriebslos blieb die Kirche auch im Falle der Herz-Jesu-Pfarre in Linz. Kurz nach seiner Visitation trat Franz Handlechner als Dechant des Bistums Linz zurück. Vorher schickte er aber noch ein Exemplar seines Berichts nach Wien, an Kardinal Schönborn persönlich.
Der Kardinal hat nie auf die Post aus Linz reagiert.

Quelle: Zeit Online