Donnerstag, 10. Juli 2014

Küng Nachfolgerin: Kirche ist eine "keusche Hure"

Johanna Rahner wird den Tübinger Lehrstuhl für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie übernehmen, den Hans Küng leitete
Die neue Theologie-Professorin an der deutschen Universität Tübingen, Johanna Rahner, hält weibliche Priester in der katholischen Kirche für möglich und fordert eine erneuerte Dogmatik.

Die katholische Theologin Johanna Rahner, die den Tübinger Lehrstuhl für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie des Kirchenkritikers Hans Küng übernimmt, fordert in der „Zeit“ (Donnerstag-Ausgabe) theologische Reformen. „Ich möchte die klassische Dogmatik nach außen hin öffnen“, sagt Rahner. „Wir können nicht den Menschen an die Regeln anpassen, sondern müssen die Regeln menschlich verstehen.“ Weiter heißt es provokant: „Wenn die Kirche die Welt scheut, wird sie esoterisch.“ Die Kirche sei jedoch eine „keusche Hure“.

Männliche Apostel kein Argument gegen Priesterinnen
Rahner, die am Donnerstag ihre Antrittsvorlesung in Tübingen hält, forderte ihre Kirche auf, sie solle „bei der Emanzipation eine Vorreiterrolle spielen“. Denn schon die Bibel sehe Mann und Frau als gleichberechtigt. Zum Frauenpriestertum sagte sie: „Die Apostel mögen ja männlich gewesen sein.“ Fraglich sei jedoch der Zusammenhang zwischen den Aposteln und der Ämterstruktur der Kirche: „Weder ist historisch betrachtet Petrus der Papst, noch sind die Bischöfe einfach die Nachfolger der Apostel. Männliche Apostel sind also ein schwaches Argument gegen Frauenordination.“
Rahner schließt an den kritischen Kurs Hans Küngs an und verteidigte einen kirchlichen Segen für homosexuelle Paare: „Die Bitte um den Beistand Gottes kann auch hier theologisch legitim sein.“ Auch mit den wiederverheiratet Geschiedenen könnte die Kirche einen besseren Umgang finden. „Wenn das Schuldigwerden am Scheitern der ersten Ehe anerkannt wird, ist eine Zweitheirat möglich.“

Kein Glaube ohne Zweifel
Unter Berufung auf Papst Franziskus fordert Rahner eine neue Pastoral: „Prinzipien zu haben ist gut, aber man muss sie auch menschenwürdig anwenden.“ Sie verteidigt das aufgeklärte Christentum Westeuropas: „Zum Amen gehört das Aber. Wer den Glauben ohne Zweifel will, verkauft ihn unter Niveau.“ Mit Blick auf Afrika und Lateinamerika erklärte Rahner: „Mir sind halbleere Kirchen mit aufgeklärten Katholiken lieber als volle Kirchen, die die Not der Menschen ausnutzen.“

Zugleich übte Rahner scharfe Kritik an der evangelischen Kirche: „Die deutschen Protestanten machen zur Zeit nicht den besten Eindruck: Man scheint immer noch nicht sagen zu können, was protestantisch heute heißt, ohne sich am Katholizismus abzuarbeiten.“ Rahner sprach in dem ZEIT-Interview von „Profilierungsnot“ und „konfessioneller Profilneurose“. Sie forderte eine aktive Annäherung der Kirchen: „Das Erbe der Reformation ist ein gemeinsames Erbe. (…) Wir sollten das Gemeinsame betonen.“

religion.ORF.at


Hintergrund:

“Die heilige Hure”
Predigt von Prof. Niewiadomski >>


Artikel von Johanna Rahner:

Was wir vom neuen Papst erwarten

Zeit-Online vom 28.2.2013 >>

Frauen als Priester? Nein, als Kardinäle!
Der Papst und die Frauenfrage. Ein Gespräch mit Johanna Rahner.
Zeit-Online >>

"Denkverbote in der Kirche haben nie weitergeholfen"
Die Theologin Johanna Rahner hält eine stärkere Einbindung von Frauen in die katholische Kirche für eine theologisch legitime Forderung - trotz dem Wunsch des Papstes, nicht mehr darüber zu sprechen. Ein Anknüpfungspunkt sei sicher das Diakonenamt - ein Amt, dass Frauen in der Vergangenheit auch schon ausgeführt haben.
Johanna Rahner im Gespräch mit Kirsten Dietrich auf Deutschlandradio vom 12.11.2011 >>

„Gut angezogen? - Nachfolge in Tradition und Wandel?“.
Kleider machen Leute. Das Taufkleid ist ein Symbol für das Leben in Christus. Welches Glaubensgewand trage ich heute? Wie verändert sich der Glaube im Leben? Was ist einem im Glauben wichtig, wie gehen Menschen heute mit Tradition und Wandel um? Wie anziehend ist das christliche Erbe heute - für mich - für andere?
Vortag von Johanna Rahner im Rahmen der „Ökumenischen Wochenimpulse“ während der Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 in Trier als PDF >>

Mensch - Macht - Kunst
Der Mensch als Schöpfer und Gestalter der Welt fordert die Theologie heraus.
Vortrag von Prof. Dr. Johanna Rahner vom 8. Juli 2012 als mp3 >>

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