Donnerstag, 13. März 2014

Pfarrer-Initiative: Papst öffnet Türen, aber Bischöfe nutzen die Freiräume nicht


Pfarrer-Initiative: Bischöfe nutzen Freiräume nicht

Eine gemischte Bilanz hat die Pfarrer-Initiative ein Jahr nach dem Amtsantritt von Papst Franziskus gezogen. Er öffne Türen, aber die Bischöfe würden diese Freiräume nicht nutzen, so der Sprecher der Initiative, Helmut Schüller.

Besonders gefährdet sieht Schüller am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien dadurch die Zukunft der Pfarrgemeinden. Es herrsche eine Abwarte-Mentalität vor, aber es genüge nicht, „im Papstkino erste Reihe fußfrei zu sitzen“, so der Pfarrer von Propstdorf. Grundsätzlich lobte die Pfarrer-Initiative Franziskus als Reformpapst, der deutliche Zeichen für einen Reformaufbruch setze.

Gegen Zusammenlegung von Pfarrgemeinden

„Wir sehen einen Papst, der offensichtlich Freiräume öffnen will, aber keine Bischöfe, die da hineinstoßen wollen“, kritisierte Schüller. Die Pfarrer-Initiative wehrt sich gegen die Zusammenlegung von Pfarrgemeinden. Statt diese zu „anonymen Großclustern“ zusammenzuschließen, müsse die Kirche das Priesteramt für verheiratete Männer und für Frauen öffnen und „den sogenannten Laien“ mehr Verantwortung zutrauen, forderte Schüller.

Die „Einfallslosigkeit“ der Bischöfe passe nicht zu einem Papst, der „fast nichts so stark predigt wie die Nähe zu den Menschen“. An ihrem Appell zum Ungehorsam hält die Pfarrer-Initiative nach wie vor fest, dieser gelte „einem System, das sich nicht geändert hat“. Schüller kündigte eine Informationsoffensive an, wie sich Pfarren gegen eine verordnete Zusammenlegung wehren können. Bei der Pressekonferenz wurde auch ein Brief an Papst Franziskus verteilt, in dem 53 Kirchenreformbewegungen um einen Dialog ersuchen.

Zusammenlegungen: Priester „verheizt“

An der Pressekonferenz unter dem Titel „Ein Jahr Reformpapst Franziskus - Und was wird aus unseren Pfarrgemeinden?“ nahmen auch der Rektor der Linzer Ursulinenkirche, Peter Paul Kaspar, und der Pfarrer in Kremsmünster, P. Arno Jungreithmair, teil - beide im Vorstand der Pfarrer-Initiative, die 2011 mit ihrem „Aufruf zum Ungehorsam“ für auch weltkirchliches Aufsehen sorgte.

Ungehorsam empfiehlt Schüller auch angesichts von Pfarrzusammenlegungen, bei denen sich dann ein Priester um mehrere Teilgemeinden kümmert und dabei - so fürchtet der frühere Caritas-Präsident und Wiener Generalvikar - „verheizt“ werden. Nähe zu den Menschen, die Papst Franziskus den Kirchenverantwortlichen so entschieden wie sonst nichts ans Herz lege, sei in Pfarrverbänden kaum möglich.

Schüller berichtete von 37 Pfarren in den USA, die nach kirchenrechtlich möglichem Einspruch gegen bischöfliche Umstrukturierungen erst beim Ortsbischof selbst, dann bei der Kleruskongregation und bei der Apostolischen Signatur - dem „Supreme Court“ des Vatikans - wieder geöffnet hätten werden müssen. Heimische Pfarren wüssten um ihre Möglichkeiten zum Widerstand kaum Bescheid, die Pfarrer-Initiative wolle dem aber abhelfen, kündigte Schüller an.

„Rechte der Kirchenbürger“ eingefordert

Auch sonst sollten die „Rechte der Kirchenbürgerinnen und -bürger“ gestärkt werden, hieß es. Schüller trat für mehr Frauen in kirchliche Leitungspositionen ebenso ein wie für eine auch theologische Neubewertung von Menschen in zweiter Ehe: Zur vom Papst vertretenen Barmherzigkeit gegenüber Wiederverheirateten solle auch Gerechtigkeit für vermeintliche „notorische schwere Sünder“ kommen. Und in der Frage der Gemeindeleitung gelte es neue Wege zu beschreiten - durch die auch offizielle Verantwortungsübertragung an Laien und durch die Weihe von „viri probati“, bewährten verheirateten Männern. Hier sollten Bischöfe in Rom „Problemlösungen“ vorschlagen.

Gegen die nun in der Erzdiözese Wien angedachten Strukturreformen mit Pfarrzusammenlegungen wandte sich Schüller mit dem Vorwurf, es sei „wenig visionär“, einen dreifachen vermeintlichen Mangel als Beweggrund dafür zu nehmen. Der selbst betroffene Pfarrer - auch Propstdorf soll in Zukunft Teil einer Großpfarre werden - stellte in Frage, ob es tatsächlich einen Mangel an Gläubigen, Priestern und Geld gebe.

Priestermangel „hausgemacht“

Der Priestermangel sei „hausgemacht“ und durch geänderte Zugangsbedingungen behebbar, beim Geld gebe es keine Transparenz, wie viel da sei und wofür es verwendet werde; und wenn eine Großkirche von einer Gemeinde nicht mehr erhalten werden könne, sollte ein Ausweichen auf geeignetere Immobilien kein Tabu sein, so Schüller.

Pfarrer Arno Jungreithmair warb für das in Oberösterreich bereits erfolgreich praktizierte Modell von Seelsorgeteams, in denen sich vier bis fünf Personen die Verantwortung für zentrale Bereiche des Pfarrlebens teilen. Nach Überzeugung der Pfarrer-Initiative müsse die Letztverantwortung durchaus nicht immer bei einem Priester liegen. Pfarrzusammenlegungen würden laut dem Pfarrer von Kremsmünster „verbrannte Erde“ hinterlassen und „Schätze unwiederbringlich verloren gehen“ lassen.

Ursulinenkirchen-Rektor Peter Paul Kaspar würdigte das von Papst Franziskus gelebte Amtsverständnis, das in seiner Kollegialität an Johannes XXIII. erinnere. Wie beim Roncalli-Papst bestehe jedoch die Sorge, dass der bei Amtsantritt ebenso alte Franziskus nicht mehr lange genug lebt, um entscheidende neue Weichenstellungen - weg von der seit dem Ersten Vatikanum von 1870 bestehenden „Diktatur“ hin zu einer synodal geleiteten Kirche - vorzunehmen.
Religion.orf.at


Ein Jahr Franziskus
Pfarrer-Initiative zieht "gemischte Bilanz"
Schüller in Pressekonferenz: Bischöfe nutzen von Papst geöffnete Freiräume zu wenig - Sorge um Entwicklung der Pfarrgemeinden, die sich gegen verordnete Zusammenlegungen wehren könnten
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Gegen die nun in der Erzdiözese Wien angedachten Strukturreformen mit Pfarrzusammenlegungen wandte sich Schüller mit dem Vorwurf, es sei "wenig visionär", einen dreifachen vermeintlichen Mangel als Beweggrund dafür zu nehmen. Der selbst betroffene Pfarrer - auch Propstdorf soll in Zukunft Teil einer Großpfarre werden - stellte in Frage, ob es tatsächlich einen Mangel an Gläubigen, Priestern und Geld gebe. Der Priestermangel sei "hausgemacht" und durch geänderte Zugangsbedingungen behebbar, beim Geld gebe es keine Transparenz, wieviel da sei und wofür es verwendet werde; und wenn eine Großkirche von einer Gemeinde nicht mehr erhalten werden könne, sollte ein Ausweichen auf geeignetere Immobilien kein Tabu sein, so Schüller.
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1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

"Der Priestermangel sei hausgemacht und durch geänderte Zugangsbedingungen behebbar." - Wenden wir dieses Rezept auf andere Bereiche an, z.B. auf das Gesundheitswesen: Warum soll nur Ärzten erlaubt sein zu operieren? Das könnten Fleischhauer doch auch. Da könnten wir viel Geld sparen.
"beim Geld gebe es keine Transparenz" - Bitte Einblick nehmen.
"wenn eine Großkirche von einer Gemeinde nicht mehr erhalten werden könne, sollte ein Ausweichen auf geeignetere Immobilien kein Tabu sein"
Der Gottesdienst in der Stephanskirche wird ins Kaffeehaus daneben verlegt. Der Dom wird abgerissen.
Super Ideen!