Donnerstag, 31. Januar 2013

Bischof Reinhold Stecher zur Lage der Kirche

Anlässlich des Todes von Bischof Reinhold Stecher möchte ich seinen 2007 veröffentlichten offenen Brief zur Lage der Kirche bringen. Bischof Stecher antwortete damals auf den Artikel "Reizwort Gemeindezusammenlegung" von Prof. Medard Kehl SJ in Stimmen der Zeit 5/2007.

Dr. Reinhold Stecher, em. Bischof von Innsbruck
Lärchenstraße 39a
A – 6064 Rum

H.H.Prof. P. Dr. Medard Kehl SJ
Offenbacher Landstraße 224 D – 60599 Frankfurt

Sehr geehrter Herr Professor!

Für Ihren Artikel in den Stimmen der Zeit „Reizwort Gemeindezusammenlegung“ (5/2007)möchte ich Ihnen herzlich danken. Vor allem auch für den theologischen Hintergrund der „Kirche vor Ort“, von dem man sonst nicht viel hört.

Mir ist das „Reizwort“ in den letzten Jahren sehr vertraut geworden. Ich bin als Bischof nunmehr zehn Jahre im Ruhestand, und meine Hauptaufgabe wurden Exerzitien und Einkehrtage. Ich habe unter anderem etwa 1.300 Seelsorgspriester in Exerzitien vor mir gehabt (und ebenso viele Schwestern und Laien), von Norddeutschland bis ins Wallis und vom Elsaß bis ins Burgenland. In diesen leiseren Begegnungen habe ich die Probleme der Kirche mehr von der Innenseite kennengelernt, in persönlichen Gesprächen wie in den immer wieder gewünschten gemeinsamen Ausspracheabenden. Das sich mir eröffnende Bild ist überall das gleiche: Diese älter werdende Priestergeneration, die zu Exerzitien kommt, ist im Gesamten durchaus treu, sowohl in Lebensführung wie im Glauben, auch die Zölibatären Probleme sind für die meisten im menschlich normalen Bereich. Es ist auch so, dass die meisten von der Sinnhaftigkeit ihres Berufes getragen sind. Ihre Motivation schöpfen sie aus dem Auftrag des Herrn und der Verbundenheit mit der Herde.
Allerdings musste ich feststellen, dass Rom und die Hierarchie als motivierende Kraft immer schwächer werden. Es öffnet sich hier die Kluft einer emotionalen Entfremdung, die mir Sorge macht, weil ich emotionale Entfremdungen für schwerwiegender halte als den einen oder anderen aktuellen Streit. Diese Entfremdung ist natürlich je nach der Persönlichkeit des Bischofs verschärft oder gemildert, aber sie ist da.

Es gibt viele Hintergründe für diese Entfremdung. Einer liegt sicher darin, dass Rom konsequent die Ernennung von Bischöfen, die vom überwiegenden Vertrauen ihrer Mitbrüder und des Volkes getragen sind, ablehnt. Ich habe selbst derartige Befragungen in höchster Diskretion durchgeführt (außer mir wusste niemand das Ergebnis) und weiß, dass Kandidaten mit dem durch Jahre und Jahrzehnte erworbenen Vertrauenspolster in Rom nicht erwünscht sind. Man tendiert mehr zum Statthalter statt zum Hirten. Damit ist aber notwendigerweise verbunden, dass immer weniger Bischöfe aus der Erfahrung der kleinen, alltäglichen Seelsorge kommen und darin das Qualitätssiegel des Erfolgreichen und bei den Menschen und den Mitbrüdern Angekommenen tragen. Man denke nur daran, dass alle heiligen Ordensgründer die Ergänzung der Autoritätsträger aus dem Vertrauen der Untergebenen als selbstverständlich betrachtet haben. Der Stand der Seelsorgspriester ist in der Hierarchie weitgehend nicht mehr präsent, in der höchsten am allerwenigsten.

Ein anderer Grund sind Vorgaben der Leitung, die an der Basis nicht akzeptiert wurden. Mir ist nie ein Seelsorgspriester begegnet, der „Humanae vitae“ für richtig hält und verteidigt. Kardinal König, mit dem ich sehr befreundet war, hat mir gesagt, dass Paul VI. ihm auf seine Frage persönlich geantwortet habe, „er habe diesen Passus in Humanae Vitae doch nicht so ernst genommen“. Gerade diese Lehre wurde aber in einer Geheimanweisung an die Nuntien zur eigentlichen Qualitätsprobe für das Bischofsamt unter Johannes Paul II. erhoben. Für die Seelsorger an der Basis ist diese Lehre nie begründbar und akzeptabel gewesen. Ich weiß in der Kirchengeschichte nicht viele Beispiele einer perfekteren „doctrina non acceptata“. Ein anderer Grund, in dem die Seelsorger an der Basis mit der offiziellen Linie der Kirche nicht übereinstimmen, ist der pastorale Umgang mit geschiedenen Wiederverheirateten ohne jede Rücksicht auf ihre religiöse Verfasstheit und Sehnsucht. De facto wird dieses sakramentale Verbot nicht durchgeführt – aber eben auf Kosten einer inneren Gemeinsamkeit mit Rom. In Deutschland ist ein weiterer Grund der ganze Vorgang mit der Schwangerschaftsberatung.
Ich habe in den entstandenen Diskussionen (ich spreche diese Kontroversthemen in den Exerzitien an sich nicht an) einen Priester Rom verteidigen hören – und der brachte nur das Autoritätsargument.
Und nun ist ein weiterer Entfremdungsgrund das von Ihnen angeschlagene Thema der so genannten Gemeindezusammenlegungen. Die Seelsorgspriester wurden zu diesen „Lösungen“ kaum gefragt – sie haben ja kein Podium, auf dem sie mit Gewicht auftreten könnten. Die Priesterräte sind de facto und de jure belanglos. Pfarregemeinschaften, die auf die Folgen dieses Systems offen hinweisen, werden ins häretische Abseits gedrängt (so in Österreich). Die Seelsorger – und gerade die, die den Zölibat als Dienst an der Sache Jesu gelebt haben und leben – verstehen das „sakramentale Austrocknen“ der Kirche nicht. Und wenn man dazu sagt, die Priester sollten eben Anderes den Laien überlassen und sich auf das Sakramentale beschränken, dann wissen die erfahrenen Seelsorger, dass eben lebendige Sakramentalität in der Kirche den Aufbau menschlicher Beziehungen voraussetzt, dass z.B. die Krankensalbung sehr oft der Schlusspunkt einer längeren Betreuung und einfühlsamer Gespräche ist und nicht einfach ein mechanischer Akt, bei dem ein Unbekannter zu einem Unbekannten zu einer Geste und einem gemurmelten Wort gerufen wird. Genau das ist aber der Fall, wenn derWirkungsbereich des Priesters den Aufbau menschlicher Bezüge praktisch verunmöglicht.

Ich habe als Bischof in meiner Diözese zusammen mit den Pfarrern a l l e Alten, Kranken, nicht Gehfähigen besucht. Es sind gegen 6.000 geworden. Das war nur möglich, weil damals die Priester diese nachgehende sakramentale Seelsorge in überschaubaren Pfarren ausgeübt haben. In seelsorglichen Großräumen stirbt das. Und wer da glaubt, dies sei eine „quantité neglegeable“, der täuscht sich. Krankenseelsorge – das wissen alle guten Pfarrer – ist Familien-, ja sogar Fernstehendenseelsorge. Auch der kirchenentfremdete Enkel ist damit einverstanden.

Ich habe in einem Dekanat während des Sommers bis in die Berghöfe hinauf alle Alten und Kranken besucht. Als ich dann im Herbst, in Zivil, eine Bergtour beim Brenner allein machen wollte und mit dem ersten Frühzug nach Süden fuhr, sind die Arbeiter mit den gelben Helmen, die in den Tunnels beschäftigt sind, in den noch dunklen Zug eingestiegen. Da hat mich einer in der Ecke entdeckt und hat gesagt: Sie waren bei meinem Großvater, und ein anderer ist gekommen und hat gesagt, dass ich bei seiner Mutter war. Und im Nu saß ich unter einer Menge Arbeiter, und wir haben uns über Gott und die Welt unterhalten.Wenn ich noch so einen gescheiten Sozialhirtenbrief schreibe, setzt sich deshalb kein einziger Arbeiter in der Bahn neben mich.

Und das sind die pastoralen Dimensionen, die die hohe Kirche nicht mehr kennt. Und deshalb verstehen die meisten Seelsorger ihre Kirche nicht mehr. Das menschliche Gesetz des Pflichtzölibats wird über den Heilsauftrag gestellt. Natürlich stimmt die Argumentation, dass der einigermaßen echt als Entfaltung gelebte Zölibat ein großes Geschenk an die Kirche ist. Aber nirgendwo gibt es in der Offenbarung einen Rückhalt für die Ansicht, dass das sakramentale Heil nur durch unverheiratete Hände weitergegeben werden darf. So höre ich es von Priestern, die ihr ganzes Leben den Zölibat treu gehalten haben.

Die Praktiker der Seelsorge wissen, wie das mit den hochgejubelten „Großräumen“ in Wirklichkeit aussieht. Ich könnte unzählige Beispiele anführen, in denen die Übernahme derartiger Aufgaben als sinnlos empfunden wird (und Sinnlosigkeitserfahrungen sind der Hauptgrund für Stress und Berufskrisen).
Ich habe, sagt mir kürzlich ein deutscher Priester, eine Stadtpfarre, bin Dekan und habe drei weitere Pfarreien dazu. Ich weiß, dass dies ein Unding ist… dabei handelte es sich hier um einen ausgesprochen tüchtigen, spirituell bemühten und kooperativen Seelsorger. Die derzeit an Priester in solchen Diensten gestellten Aufgaben erfordern in besondererWeise hochqualifizierte, vitale und begabte Persönlichkeiten. Ich erlebe im Nachwuchs, beiWeihekandidaten und auch im Gespräch mit Ordensvorgesetzten und Regenten, dass dieser Typ heute eher selten wird.

Es kommen sehr oft introvertierte, sehr angepasste und wenig initiative junge Menschen, manchmal auch mit superkonservativ-hochwürdig-abgehobener Prägung, die schon für die Leitung überschaubarer Einheiten Schwierigkeiten haben.

Das alles bestärkt in den Seelsorgern den Eindruck, dass die höchste Kirchenleitung sich in einem hohen Maß von Realitätsverlust bewegt. Das manchmal in theoretischen Überlegungen hingeworfene Wort, „dass die flächendeckende Seelsorge eben passé sei“, heißt in Wirklichkeit, dass die Kirche die Menschen verlässt. Und das dreht das Herz der Hirten um. Sie erleben, wie ihr Lebenswerk den Bach hinunter geht, wie es mir eben ein alter Pfarrer gesagt hat.

Es ist irgendwo tragisch, dass diese schleichende Entpersonalisierung der Kirche (die Zeit würde das Gegenteil verlangen) einhergeht mit der maßlosen Überschätzung der Bedeutung von Groß- Events und Massenveranstaltungen, in die Geld und Energie aufwendig investiert werden und die niemals das verlorene Terrain an menschlich-erlebbaren und überschaubaren Strukturen ersetzen können.

Wenn in Frankreich (Poitou) neue Wege mit der Schaffung von Kleingruppen versucht werden, darf man nicht vergessen: In Frankreich beginnt die Seelsorge auf dem offenen Lande weitgehend im Jahre Null. Ich habe im Cantal (Auvergne) einem Priester in den letzten Jahren einmal ausgeholfen. Er hatte 24 Pfarreien. Und sein Nachbar 30. Hier ist die Illusion „Kirche“ auf die Spitze getrieben. Ich würde keinen jungen Menschen zu einer derartigen Berufsausübung ermuntern. Da schützt nicht einmal das Rezept „mach es so gut du’s eben kannst“. Das ist nicht mehr menschlich zu machen. Bei uns aber, das gilt für weite Teile Deutschlands und Österreichs, wäre es noch nicht so weit. Bei uns gäbe es noch immer lebendige Gemeinden, aber bei dem Konzept einer weitgehend asakramentalen Kirche werden wir auch das verlieren, was wir haben.
So sieht der überwiegende Teil der bemühten Priester die Lage. Und darum gibt es die schleichende Entfremdung, die Mentalität „ich mache meine Sache, so gut ich es zuwege bringe, aber die da oben verstehe ich nicht, und sie sind mir auch keine Hilfe. Denn ich vermag in dieser Überakzentuierung menschlicher Ordnungen und zentralistischer Machtstrukturen nicht den Geist Jesu zu erkennen.“

Es gibt natürlich Gruppierungen, die mit all dem völlig einverstanden sind. Aber diese Gruppierungen, die als movimenti bei jeder Gelegenheit gelobt werden, sind inWirklichkeit in der Seelsorge wenig präsent. Sie leben sich, und ihren Priestern werden acht-, zehn-und fünfzehntausend Gläubige umfassende Großräume nie zugemutet. Sie sind in den römischen Dekasterien präsent, und irgendeine Kritik nach oben werden sie sich nie leisten.

Bei den letzten Jahrgangsexerzitien einer deutschen Großdiözese ist bei dem Besuch des Bischofs (der sehr geschätzt wird) der Sprecher der ganzen anwesenden Priesterschaft aufgetreten und hat gesagt: „Herr Bischof, Sie dürfen nicht nur die Anliegen Roms zu uns bringen, sie müssen heute vor allem auch unsere Anliegen nach Rom bringen.“

Das wird schwierig sein. Aber ich bete (mehr kann ein Altbischof nicht tun), dass der Herr meiner Kirche ein hörendes Herz schenke, wie es sich Salomon erbeten hat.
Da ich aus Ihren Worten spüre, verehrter Herr Professor, dass Sie bemüht sind, das Beste aus der Situation herauszuholen, wollte ich diesen kleinen Erfahrungsbericht an Sie weitergeben.

Die grundsätzlichen Probleme habe ich ziemlich ungeschminkt sowohl Johannes Paul II. wie auch dem damaligen Kardinal Ratzinger gesagt. Damals hatte ich aber noch nicht die Bestätigung durch die ausgedehnte Exerzitienarbeit im deutschen Sprachraum.

Meine Tippfehler müssen Sie entschuldigen. Ich bin mit den Augen nicht mehr besonders gut.

Ihnen wünsche ich Gottes Segen für Ihr Wirken. Manchmal gehe ich in die Krypta der Jesuitenkirche in Innsbruck und weiß mich dort zutiefst eins mit den verehrten Lehrern und großen Geistern.

Mit herzlichem Gruß
Ihr gez. Reinhold Stecher.




Altbischof Reinhold Stecher gestorben
Der römisch-katholische Altbischof von Innsbruck ist am Dienstagabend im 92. Lebensjahr nach einem Herzinfarkt verstorben. Er hat 16 Jahre lang die Geschicke der Diözese Innsbruck geleitet und sich stets für eine „offene Kirche“ eingesetzt.
Religion.orf.at >>

Mittwoch, 30. Januar 2013

Thomas Dolezal hat geheiratet

Hochzeit von Christina Pass-Dolezal & Thomas Dolezal am 6. Oktober 2012 in der Franziskanerkirche in Wien



Fotos: Kathbild.at >>

Dienstag, 29. Januar 2013

Neue Sinus-Studie zeigt Schrei nach Reformen

Die Ergebnisse der am Donnerstag vorgestellten Sinus-Studie zeichnen ein dramatisches Bild der Lage der katholischen Kirche in Deutschland. Doch ist das wirklich so? Im Interview erläutert Religionssoziologe Michael N. Ebertz, der beratend an der Studie mitgearbeitet hat, die Aussagekraft der Erhebung und die Konsequenzen daraus für die Kirche.

Frage: Herr Ebertz, den Ergebnissen der Sinus-Studie zufolge erscheint die Lage der katholischen Kirche in Deutschland dramatisch. Hat die Kirche hierzulande überhaupt noch eine Zukunft?
Ebertz: Zum ersten Mal wird in einer Studie massiv die Möglichkeit zum Ausdruck gebracht, dass die katholische Kirche in Deutschland kollabieren könnte - weniger durch massive Kirchenaustritte, als durch wachsende Irrelevanz und Selbstbeschädigung. Selbst in solchen Milieus, die noch eine vergleichsweise hohe Bindungskraft aufweisen, macht sich diese Vermutung breit. Die jüngsten Skandale rund um sexuelle Gewalt in der Kirche haben offensichtlich zu dieser pessimistischen Überlebenseinschätzung beigetragen, quer durch alle Milieus. Zweifellos hat die Kirche einen erheblichen Statusverlust erlitten, und das Ansehen ihres Führungspersonals hat erheblich gelitten. Eine entscheidende Quelle der Zukunftshoffnung scheinen viele Milieus insbesondere in der Caritas und in anderen - auch rituellen - Dienstleistungen der Kirche zu sehen. Sie sind die beiden Legitimationsbeine, ohne die die Kirche in Deutschland schon jetzt nicht mehr gehen könnte.
Zum ganzen Interview >>


Im Sturm
Die katholische Kirche in Deutschland muss sich ändern. Das sagt kein Bischof, kein Theologe, kein Verbandsvertreter, sondern der einfache Bürger im Land. Eine am Donnerstag in München präsentierte Studie hat den Katholiken im Land in Herz und Seele geschaut. Das Ergebnis ist für die Kirche wenig erfreulich. Und dennoch gibt es Grund zur Hoffnung.

"Wie werden Glaube, Religion und Kirche in der heutigen Zeit verstanden und gelebt", mit dieser Frage hat im Auftrag der Medien-Dienstleistungsgesellschaft , ein kirchliches Beratungsunternehmen, das Heidelberger Sinus-Institut einen Blick in die sogenannten Sinus-Milieus geworfen.
Das Ergebnis: Die katholische Kirche und der christliche Glaube spielen im Leben der Menschen eine zunehmend geringere Rolle. Oder wie die Autoren der Studie schreiben: "Die lebensweltliche Einbettung von Religion ist weitgehend verloren gegangen, […] der katholische Glaube und sein Regelwerk tragen nur noch bei wenigen unmittelbar zum Sinn des Lebens bei."
Zum ganzen Beitrag auf katholisch.de >> 


Katholiken aller Milieus gehen auf Distanz zum Papst
Eine Studie über "religiöse und kirchliche Orientierungen" unter Katholiken zeigt: Selbst viele treue Gläubige sehen ihre Kirche kritisch. Den Papst und die Bischöfe halten sie für rückwärtsgewandt.
Die Welt >>

Studie: Deutsche Katholiken verärgert über Umgang mit Missbrauch
Autoren: Kirche Deutschlands erlitt zweifellos erheblichen Statusverlust, weniger Ansehen für Führungspersonal
Kathpress >>

Deutsche Katholiken sind sich uneins über den Papst 
Die katholische Kirche hat Mitglieder aus allen gesellschaftlichen Bereichen zu wichtigen Themen ihrer Glaubensgemeinschaft befragt.
Abendblatt >

"Das ist eine Säkularisierung von oben" (Audio)
Der Sprecher der Laienorganisation "Wir sind Kirche", Christian Weisner, sieht sich in seiner Kritik an der Leitung der katholischen Kirche durch die jüngste SINUS-Milieustudie bestätigt. Ihr zufolge sind selbst konservative Katholiken unzufrieden mit der Kirche, für Weisner eine "alarmierende Botschaft".
Christian Weisner im Gespräch mit Christine Heuer auf DRadio >>


Sinus-Studie als PDF >>

Montag, 28. Januar 2013

Predigt von Weihbischof Krätzl zum Bischofsjubiläum von Paul Iby



Predigt von Weihbischof Krätzl
beim Dankgottesdienst – Paul IBY,  20 Jahre Bischof
Eisenstadt, 24. Jänner 2013
Les 1 Kor 15, 3-11   Ev  Joh 15, 9 – 17

Wenn ich heute mit so vielen für Bischof Iby und sein Bischofswirken Gott danke, dann berührt mich das ganz persönlich. Wir sind so lange befreundet, haben in Rom Kirchenrecht studiert, und sind dann eine ähnliche Laufbahn in den Diözesen gegangen: Bischofssekretär,  Kanzleidirektor,  Generalvikar bis hin zur Bischofsweihe. Sehr oft lud mich Paul Iby ein. Bei seiner Bischofsweihe heute vor 20 Jahren als Mitkonsekrator, was eine große Ehre für mich war. Am Martinsfest 1999 hielt ich den üblichen Festvortrag. Zu seinem 10 jährigen Bischofsjubiläum sprach ich vor dem gesamten Klerus und predigte schließlich 2005 zu seinem 70. Geburtstag in Raiding. Thema war immer Kommunikation und Dialog. Weil es die Begriffe sind, die das Wirken von Bischof Paul am besten charakterisieren. Er ist ein Mann, ein Bischof des Dialogs. Das zeigte er in seinem Leitungsstil, das war schließlich auch ein besonderes Programm für seine Diözese.

Ein Bischof, der den Dialog sucht
Bischof Paul hat viele Voraussetzungen für den  Dialog. Einmal seine herzliche, auf die Menschen zugehende, bescheidene Art. Dann im Sinne des Evangeliums die Haltung zu seinen Mitarbeitern: „Ich nenne euch Freunde, ich habe euch alles mitgeteilt.“ (Vgl. Joh 15, 15)  Schließlich spirituell, da er den Auftrag Jesu „liebt einander“ zu seinem Wahlspruch machte: „Omnia in caritate“, „Alles aus Liebe.“  Als er für die Caritas zuständig war gab es den Spruch „ Ubi Iby, ibi Caritas est.“
Er pflegte den Dialog in seinem Leitungsstil. -  Beispielhaft war sein Eintreten für Roma und Sinti. Mit Gehörlosen kommunizierte er in der Gebärdensprache. Bei seiner Bischofsweihe hatten sie einen Ehrenplatz.  Übrigens ist er am Gedächtnistag des Bischofs Franz von Sales geweiht worden, dem Patron der Gehörlosen. -  Dass er das Problem „Frau in der Kirche“ ernst nahm zeigt die Gründung einer Frauenkommission.  Als Jugendbischof fand er den Ton zur Jugend, hat sie in den österreichweiten Dialogprozess eingebunden. Er hat Jugendbriefe zu brennenden aktuellen Fragen geschrieben. Als Schulamtsleiter stand er im Gespräch mit den Religionslehrern und Lehrerinnen. Da erlebte ich ihnen wieder hautnah, als ich Schulbischof war.

Dialog für Österreich in Salzburg  – 1998
Das war nicht nur ein Schicksalsjahr für die Kirche in Österreich, sondern auch für die Diözese Eisenstadt. In wahrhaft geistgewirkter Stimmung gelang  damals ein menschlich herzlicher  und sachlich hochstehender Dialog auch zwischen  Vertretern unterschiedlichster Meinungen. Bischof Weber sprach am Schluss von einem Kapital, das wir nicht verschleudern dürfen. Die Bischöfe gingen aber dann mit den ohnehin moderaten Resolutionen all zu ängstlich um, was viele enttäuschte. Iby gab daraufhin 1999 den Start für einen Dialog für die Diözese Eisenstadt. Es war ihm klar, dass der Dialog weitergehen müsse, dass viel Fragen einfach nach einer Lösung drängen. Er war der einzige Bischof in Österreich, der das tat. Rom fand diesen Prozess aber für bedenklich und ließ es dem Bischof unmissverständlich wissen. 

„Kirche macht sich selbst zum Dialog.“
Dabei hatte er für sein Prinzip des Dialogs gerade ein päpstliches Vorbild, nämlich Paul VI. Der hat nach dem Tod von Johannes XXIII das Konzil wieder einberufen. Die Debatten waren inzwischen sehr kontrovers geworden. Da widmete er seine Antrittsenzyklika „Ecclesiam suam“ ganz dem Thema Dialog. Ein Dialog, dass Kirche und Welt einander begegnen, einander kennen und lieben lernen. Und der Weg dahin? „Dafür muss die Kirche ihr eigenes Bewusstsein vertiefen, ihr tatsächliches Antlitz mit ihrem Idealbild vergleichen und schließlich als Folge daraus den Dialog mit der Welt aufnehmen.“ Ja, „die Kirche macht sich selbst zum Dialog.“  Historiker meinen, dass diese Enzyklika die Voraussetzung für eine neue Diskussionskultur im Konzil war. Der Pastoraltheologe Hans Peter Heinz sagte: „ Die Dokumente zeigen, dass nun die katholische Kirche einen aufrichtigen Dialog anbiete, der keinen Menschen und kein Thema von vornherein ausschließt und sie ist offen für die unabsehbaren Folgen dieses gewagten Anfangs, gewärtig der schöpferischen Einfälle der Heiligen Geistes.“
Bischof Paul, wir danken dir für dieses Wagnis. Du hast deine Diözese den Dialog gelehrt, und anderen Bischöfen ein Beispiel gegeben. Und eigentlich hast du dabei sehr römisch gedacht, wie die Enzyklika von Paul VI zeigt, der dir Vorbild war.  

Die Kirche muss sich auch heute wieder zum Dialog machen.
Enzykliken sind oft zeitbedingt, sind aber in vergleichbaren Situationen dennoch gleich gültig.  Paul VI hat durch seine Dialogenzyklika die ins Stocken geratene Konzilsdebatte wieder in Bewegung gebracht.  Auch heute ist vieles ins Stocken geraten durch Uneinigkeit über den Weg in die Zukunft. Man fürchtet den Dialog. Wir müssen ihn wieder lernen:  einen  selbstlosen, vorurteilslosen, respektvollen, ergebnisoffenen Dialog, der auch den „schöpferischen Einfällen des Hl. Geistes“  Raum gibt.
Bischof  Paul. An deinem Weihetag möchte ich ganz in deinem Sinn zu einem solchen Dialog aufrufen. Und zwar mit wem?
Einen Dialog mit der Jugend, die das Vertrauen in die Kirche oft verloren hat, die heute wohl noch zu eventhaften Treffen kommt, sonst aber ihre eigenen Wege geht. Im Dialog möchte ich erfahren, was sie heute bewegt, wo sie Erfüllung ihres Lebens sehen.
Es braucht einen Dialog mit den Frauen. Sie fühlen sich nicht gerecht behandelt in der Kirche.  Was ist aus der Frauenkommission im Burgenland geworden?
Dialog mit Geschiedenen in zweiter Ehe. Hören wir doch, was ihnen gerade jetzt Gott bedeutet  bei einem gut gemeinten neuen Anfang,  und wie sie gerade dafür die Kraft  der Sakramente vermissen. Wozu drängt sie ihr Gewissen?
Dialog mit Reformbewegungen. Nur im Dialog auf gleicher Augenhöhe kann man unterscheiden, was hier wirklich aus tiefer Sorge und großer Liebe zur Kirche kritisiert wird, oder bloß aus billiger Rechthaberei oder gar Feindschaft gegen die Kirche.  
Dialog mit den vielen Ausgetretenen, den Fernstehenden, den Atheisten und Ungläubigen.  Woran glauben sie? Was hält sie aufrecht auch ohne Gott und was werfen sie der Kirche heute vor? Vielleicht, dass ihr Antlitz  ganz und gar nicht ihrem Idealbild gleicht?
Dialog mit den „Welt“, der man so vieles verdankt, wie das Konzil sagt: der Kunst, der Kultur, der Wissenschaft, der menschlichen Gemeinschaft. 

Lieber Bischof  Paul. Gott hat dich erwählt, wie Jesus es den Jüngern mit Nachdruck sagte. Du solltest Frucht bringen,  die bleibt. (Vgl. Joh  15,16)  Solche Früchte gibt es viele und man wird sie dir auch bei jedem Jubiläum aufzählen. Eine ganz besondere Frucht aber ist der Dialog. Du hast die Türen zu einem offenen Dialog aufgetan, hast dabei die ganzen Schätze unseres Glaubens eingebracht und dennoch auch gezeigt, dass die Kirche lernfähig ist. Warum hat man dich dafür nicht mehr gelobt?

„Alles in Liebe,  ist dein Wahlspruch.„Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für andere einsetzt.“ (Joh 15, 13)  Wir emeritierten Bischöfe – jetzt spreche ich bewusst für uns beide – haben den Eindruck, dass man uns trotz unseres Alters  noch braucht. Das sagen uns viele Menschen. Wir wollen uns weiter, so gut wir können, für die Kirche einsetzen, weil wir sie und die Menschen lieben. Und unsere Liebe zu ihr möge vielen anderen wieder Freude an dieser Kirche machen. Das gelingt uns nicht allein, aber sicher zusammen mit der Gnade Gottes, auf die wir hoffen dürfen. (vgl.1 Kor 15,  10) Möge Gott dir und uns beiden dazu seinen Segen geben und erkennen lassen, was er noch mit uns vorhat.

Sonntag, 27. Januar 2013

Heute


Die Zeit ist begrenzt,
den Menschen in die Augen zu schauen,
den Heuchlern die Wahrheit zu sagen,
mit der Schwermut fertig zu werden,
sich in der Treue zu üben,
sich in der Krise zu bewähren.

Die Zeit ist begrenzt,
Böses mit Gutem zu vergelten,
auf meine Tiefe zu horchen,
meine Freiheit zu nützen,
mich selbst zu ordnen,
zu sehen, zu hören,
zu spüren, zu beten.

Martin Gutl, Ich bin bei dir
Verlag Styria, Graz, 2001, 16.

Freitag, 25. Januar 2013

Bischof Iby: "Angst ist da"

„Wir waren immer Untertanen“
Bischof Paul Iby feierte gestern den 20. Jahrestag seiner Bischofsweihe. Im KURIER spricht er über seinen Nachfolger und die „Kirchenrebellen“ um Helmut Schüller und erklärt, warum er an Stelle von Norbert Darabos zurückgetreten wäre.
Interview im KURIER >>

Burgenland HEUTE >>


Lieber Bischof Paul!

Anlässlich deines Jubiläums möchte ich dir nochmals aufrichtig und mit großem Respekt für deine Arbeit als Bischof der Diözese Eisenstadt danken. Du warst wirklich ein "guter Hirte" der Menschen im Burgenland - nicht nur der Katholischen. Als Mann des Dialoges wirst du in die Diözesangeschichte eingehen. Du hast damit weit über die Grenzen unserer kleinen Diözese hinaus viel beachtete Zeichen gesetzt.

Deine brennende Liebe zur Kirche und dein engagiertes Bekenntnis für eine "ecclesia semper reformanda" im Sinne des Evangeliums unseres Herrn Jesus Christus wurde und wird von einem Großteil - ja der Mehrheit - geschätzt und auch mitgetragen. Die zukünftige Entwicklung unserer Kirche wird zeigen, dass du mit Deinen Reformvorschlägen und den Weg des Dialoges auf dem richtigen Weg und Deiner Zeit voraus warst.

Für die Zukunft wünsche ich dir weiterhin alles Gute und Gottes Segen. Ich verbinde diese Wünsche mit der Bitte, dass du auch weiterhin Deiner Kirche und den Menschen unserer Diözese Deine Talente und Charismen nach Deinen Möglichkeiten zur Verfügung stellst.

Mit Hochachtung und in Verbundenheit grüße ich Dich herzlichst
Edi Posch 


Paul Iby: 20 Jahre Bischof
Vor 20 Jahren wurde Paul Iby in Eisenstadt zum Bischof geweiht. Er initiierte unter anderem den „Dialog für das Burgenland“ und erhielt für kritische Aussagen Schelte aus Rom. Das Jubiläum feiert er mit einem Gottesdienst im Dom in Eisenstadt.

Donnerstag, 24. Januar 2013

Pfarrer-Initiative: Deutschsprachiges Vernetzungstreffen

Erstmals treffen sich am 24./25. Januar Mitglieder aus allen deutschsprachigen Pfarrerinitiativen bzw. ähnlichen Gruppierungen in München. Im Vordergrund stehen der Austausch und die Vernetzung, um die gemeinsamen Anliegen optimal einbringen zu können. In einem zweiten Teil soll es auch um den Brief der DBK an alle Priester gehen. Ziel ist es, das Dialogangebot der Bischöfe aufzugreifen und eine gemeinsame Reaktion auf den Weg zu bringen.

Pfarrer-Initiative Deutschland >>

Positionspapier der Passauer Priester im Dialog

Wir sind eine Gruppe von Priestern in der Diözese Passau,
  • die sich den Anliegen des II. Vatikanischen Konzils, der Würzburger Synode und des Passauer Pastoralplan 2000 „Gott und den Menschen nahe“ verpflichtet weiß;
  • die für eine entschiedene Verwirklichung von Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit und Freiheit in der Kirche eintritt;
  • die konstruktiv und kritisch das kirchliche Leben in der Diözese und in den Gemeinden begleiten und notwendige Reformen anstoßen will.

Wir wünschen uns eine Kirche,
  • die das Evangelium von einem menschenfreundlichen Gott verkündet, der das Heil aller Menschen will, und die deshalb für Freiheit und Gerechtigkeit, für Barmherzigkeit und Nächstenliebe eintritt;
  • die aus dem gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen lebt und sich als Volk Gottes auf dem Weg versteht und deshalb bereit ist, sich auf das Leben der Menschen heute einzulassen und sich auf gesellschaftliche Entwicklungen und Veränderungen einzustellen;
  • die um der Glaubwürdigkeit ihrer Botschaft willen auf autoritäre Strukturen verzichtet, und die auf allen Ebenen und bei allen Entscheidungen eine intensivere Beteiligung und Mitverantwortung ihrer Glieder ermöglicht.
  • die Wert legt auf eine angstfreie Atmosphäre, in der die Amtsträger die ihnen übertragene Macht zum Wohl der Menschen ausüben.
Deshalb setzen wir uns dafür ein und praktizieren,
  • dass wiederverheiratete Geschiedene nicht von den Sakramenten ausgeschlossen werden.
Wir erwarten, dass die Kirche Regelungen findet, die der schwierigen Lebenssituation dieser Menschen ebenso gerecht wird wie der Praxis Jesu, der sich gerade mit den Gescheiterten, Sündern und Außenseitern an einen Tisch gesetzt hat, und wir verweigern den Segen denen nicht, die ihn für ihre neue Partnerschaft erbitten.
  • dass nichtkatholische Christen, die bewusst im Glauben die Eucharistie mitfeiern, in unsere Mahlgemeinschaft eingeladen werden.
Wir erwarten, dass die Kirche die in vielen Dokumenten beschriebene Übereinstimmung im Glauben und die gewachsene Ökumene in den Gemeinden ernst nimmt.
Wir bieten allen, denen die Einheit der Christen am Herzen liegt, die eucharistische Gastfreundschaft an. Und wir verwehren den katholischen Christen nicht, die Einladung zum evangelischen Abendmahl anzunehmen.
  • dass neue und vielfältige Gemeindeformen erprobt und entwickelt werden.
Wir erwarten, dass die Kirche aufhört, die pastoralen Strukturen allein vom Personalstand der Priester abhängig zu machen und immer größere Seelsorgeeinheiten bildet. und wir erwarten, dass sie anfängt, nach den Lebensräumen und den Bedürfnissen der Menschen zu fragen und dafür die geeigneten Pastoralen Dienste ausbildet und beauftragt. Wir benötigen heute eine Vielfalt an Gemeindeformen. Als Träger und Subjekt der Seelsorge brauchen unsere Gemeinden die enge Verbindung von Verkündigung und Diakonie, von Sakrament und Lebensvollzug.
  • dass die Leitungsstrukturen der Kirche gründlich überdacht und reformiert werden.
Wir erwarten, dass die Kirche bereit ist, ihr Leitungsamt neu zu gestalten und neue Zugangswege zu diesem Amt zu ermöglichen: Verheirateten und Unverheirateten, Frauen und Männern, Hauptberuflichen und Ehrenamtlichen muss das Amt in der Kirche als Dienst am Volk Gottes offenstehen. Außerdem fordern wir die Beteiligung des Volkes Gottes einer Diözese bei der Bestellung eines Bischofs. Gleiches gilt für die Gemeinden bei der Bestellung eines Pfarrers.


Münchner Kreis: Kirche muss lebendig und offen sein
Für eine offene und lebendige Kirche hat der Münchner Kreis bei seinem Treffen am vergangenen Dienstag in Ottobrunn aufgerufen. Dabei gehe es nicht um Rebellion, sondern um eine sachliche und klare Auseinandersetzung über konkrete pastorale Dinge, sagte Albert Bauernfeind dem Münchner Kirchenradio.
Münchner Kirchenradio >>

Mittwoch, 23. Januar 2013

Lebenslügen in der Kirche

"... Die meisten Bischöfe leben - ähnlich wie der hochbetagte Papst - in einer rituell abgeschotteten Welt - in ihren Kanzleien und Residenzen, mit ihren häufig unkritischen und farblosen Beratern und Mitarbeitern, in Lebensstil, Kleidung und Sprache abgehoben von der normalen Welt des bürgerlichen Alltags.

Sie verwechseln die kleine wohlgeordnete, hierarchisch strukturierte und häufig geradezu höfisch harmonisierte Welt ihrer Residenzen und Ordinariate mit der 'real existierenden Kirche' in den Pfarrgemeinden, bei den Menschen, in deren Berufs- und Familienleben.

Hierarchen waren nie arbeitslos, haben keine familiären Probleme, waren nie von Ehescheidung, Krisen der Existenzsicherung und mit heranwachsenden Kindern belastet, Geld spielt in ihrer privaten Lebenswelt keine Rolle, Wohnraum, Ernährung und Mobilität stehen selbstverständlich zur Verfügung. Empathie in die völlig andere Lebenswelt 'normaler Menschen' geht auf diese Weise allzu leicht verloren ... Die meisten Bischöfe fühlen sich einseitig Rom verpflichtet, nicht aber den Gläubigen: Sie regieren, statt verstehen zu wollen."

aus: "Lebenslügen in der Kirche" - Artikelserie von Peter Paul Kaspar in Kirche In (Jänner 2013)


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Dienstag, 22. Januar 2013

Irischem Ordensmann wird Exkommunikation angedroht


Priesterinnen: Vatikan will Widerruf von irischem Ordensmann
Glaubenskongregation ermahnt Redemptorist P. Flannery, jede Verbindung zu der von ihm gegründeten romkritischen Initiative "Vereinigung katholischer Priester" zu lösen

Dublin, 21.01.2013 (KAP) Der suspendierte irische Priester und Publizist P. Tony Flannery ist nach eigenen Angaben vom Vatikan zum Widerruf seiner Aussagen über eine mögliche Zulassung von Frauen zum Priesteramt aufgefordert worden. Die römische Glaubenskongregation habe ihm die Exkommunikation für den Fall angedroht, dass er bei seinen Ansichten bleibe, sagte Flannery laut der Tageszeitung "Irish Times" (Montag), wie die deutsche katholische Nachrichtenagentur KNA am Montag berichtet.
Kathpress >>


Irischem Priester Exkommunikation angedroht
Der Sprecher und Gründer der Association of Catholic Priests (ACP) in Irland, Tony Flannery, hat am Sonntag bei einer Pressekonferenz in Dublin erklärt, dass er seitens der katholischen Kirche mit Exkommunikation bedroht worden sei, weil er das Frauenpriestertum vorgeschlagen habe. Helmut Schüller, der Sprecher der österreichischen Pfarrer-Initiative, nahm an der Pressekonferenz in Dublin teil. Gegenüber der APA erklärte sich Schüller mit Flannery solidarisch und meinte: „Wir halten das für ein skandalöses Vorgehen“. Die Legitimität solcher Entscheidungen sei infrage zu stellen.
Religion.ORF.at >>



REDEMPTORIST ERSCHRECKENDEN MASSNAHMEN UNTERWORFEN,
„WELCHE AN DIE INQUISITION ERINNERN“

Dem Redemptoristen P. Tony Flannery wird seitens der Katholischen Kirche die Exkommunikation angedroht, weil er davon ausgeht, dass Frauen in Zukunft Priesterinnen werden könnten, und weil er zu diesen und anderen Themen offene Diskussionsbereitschaft fordert. P. Flannery (66), der 1964 mit 17 Jahren in den Redemptoristen-Orden eintrat und 10 Jahre später zum Priester geweiht wurde, wurde mitgeteilt, dass er auch versprechen müsse, an keinen Treffen der Association of Catholic Priests (ACP; Anm.: Irische Vereinigung Katholischer Priester) mehr teilzunehmen, bis er sich öffentlich den vorgelegten Bedingungen unterworfen hätte, falls er weiterhin zur Kirche und seiner Kongregation gehören wolle.
P. Flannery war (bereits) für den größten Teil des vergangenen Jahres die Ausübung des priesterlichen Dienstes untersagt; dieses Verbot wird solange andauern, bis er den Forderungen der Glaubenskongregation entspricht.
Ich wurde angewiesen, weder an die Medienöffentlichkeit zu treten noch in Büchern oder Artikeln zu publizieren“, sagte er heute [Anm.: 20.1.2013] während einer Pressekonferenz in Dublin. „Mir wurde ebenso jede öffentliche wie private Beteiligung an der ACP untersagt. Seitens des Generaloberen der Redemptoristen Michael Brehl war ich mit dem formellen Gehorsamsgebot belegt worden, nicht an der Generalversammlung der ACP im vergangenen November teilzunehmen. Er machte aber deutlich, dass er seitens der Glaubenskongregation angewiesen worden war, diese Maßnahme zu setzen.“

P. Flannery wird nur in den priesterlichen Dienst zurückkehren dürfen, wenn er einen (zuvor von der Glaubenskongregation genehmigten) Artikel schreibt, unterzeichnet und veröffentlicht, in welchem er akzeptiert, dass die Katholische Kirche niemals Frauen zum Priestertum weihen kann, und allen kirchenamtlichen Positionen zur Empfängnisverhütung, Homosexualität und Verweigerung der Sakramente für Personen in zweiter Partnerschaft zustimmt.
Ich könnte unmöglich meinen Namen unter einen solchen Artikel setzen, ohne meine eigene Integrität und mein Gewissen zu verraten“, sagte er heute. „Die Glaubenskongregation verlangt all das, während sie sich weigert, mit mir zu kommunizieren. Ich hatte keinen direkten Kontakt mit ihr. Mir wurde nie die Möglichkeit eingeräumt, meinen Anklägern zu begegnen oder zu verstehen, weshalb diese Aktion gegen mich gesetzt wird, obwohl ich seit Jahrzehnten durchgehend dieselben Positionen vertreten habe.“
Das Dokument, das P. Flannery offenbar von der Glaubenskongregation erhalten hat, trägt die Form einer getippten A4-Seite ohne Briefkopf und ohne Unterschrift.
Der einzige Anhaltspunkt, um sicher zu sein, dass dieses Dokument von der Glaubenskongregation kam, ist, dass Michael Brehl, Oberhaupt der Redemptoristen, mir dies gesagt hat“, sagte er. „Alle Ersuchen um direkte Kommunikation mit der Glaubenskongregation sind ignoriert worden.“
P. Flannery beschrieb die Maßnahmen gegen ihn als „erschreckend, unverhältnismäßig und an die Inquisition erinnernd“.
Ich habe der Kirche, den Redemptoristen und dem Volk Gottes zwei Drittel meines Lebens gedient“, führte er aus. „Während all dieser Zeit habe ich eher in Büchern und Aufsätzen, welche hauptsächlich von praktizierenden Katholiken gelesen werden, als in Mainstream-Medien guten Gewissens Fragen aufgeworfen, welche ich für die Zukunft der Kirche für wichtig hielt. Ich bin innerhalb der Kirche kaum eine bedeutende subversive Persönlichkeit, welche die Exkommunikation und den Ausschluss aus jener Religionsgemeinschaft verdient, in welcher ich seit meiner Jugend gelebt habe.“
Die Wahl, vor die er gestellt wurde, wäre die Entscheidung zwischen Rom und seinem Gewissen, stellte er heute, Sonntag, 20. Jänner, bei einer Pressekonferenz fest.
Ich muss auch fragen, ob die Androhungen nicht ein Mittel sind, nicht nur mich zur Unterwerfung zu zwingen, sondern auch allen anderen Priestern, welche Ansichten vertreten, welche von jenen der Römischen Kurie divergieren, etwas mitzuteilen, fügte er hinzu. Mich diesen Druckmitteln zu unterwerfen, wäre ein Verrat an meinem Amt, an meinen priesterlichen Gefährten und an jenen katholischen Menschen, welche eine Veränderung wollen.
P. Flannery sagte, dass er der Ansicht sei, dass er unfairer Behandlung unterzogen wird, und dass er deshalb kanonische und zivile Rechtsberatung in Anspruch nimmt, die ihm helfen soll, seine Rechte als Kirchenmitglied und als irischer Staatsbürger zu verteidigen.

Weiterführende Informationen: Aileen Gaskin +353(0)87 7724717
Roh-Übersetzung: Dr. Markus Schlagnitweit


Fr Tony Flannery 'threatened with excommunication'
A Catholic priest has claimed he has been threatened with excommunication from the church because of his views on matters such as women's ordination.
BBC-News >>

Vigil to support Fr Tony to be held at Papal Nunciature
'We are Church Ireland’ expresses its unconditional support for Fr. Tony Flannery in his assertion of his right of conscience not to be forced by an abuse of his vow of obedience to submit to the secretive demands of the Congregation for the Doctrine of the Faith.
Association of Catholic Priests (ACP) >>

Montag, 21. Januar 2013

Kirchenreformer: Margit Hauft zur Vorsitzenden der Laieninitiative gewählt

Presse-Mitteilung


Margit Hauft leitet die Laieninitiative

Die Generalversammlung der „Laieninitiative“ hat am 18. Jänner 2013 Margit Hauft zu ihrer neuen Vorsitzenden gewählt. Margit Hauft, langjährige Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung und der Katholischen Aktion Oberösterreichs, trat schon bisher entschieden für Reformen in der römisch-katholischen Kirche ein. In ihrer neuen Funktion versteht sie sich als Sprecherin jener Katholikinnen und Katholiken, die allen Enttäuschungen zum Trotz die Hoffnung auf einen Ausweg aus der Kirchenkrise noch nicht aufgegeben haben.

Mitglieder des neu gewählten Vorstands: Margit Hauft (Vorsitzende), Dr. Peter Pawlowsky (Stellverterter), Christiane Sauer M.A. (Schriftführerin), Mag. Hermann Bahr (Kassier), Renate Bachinger, Univ.-Prof. Dr. Ewald Benes, Dipl. Ing. Friedrich Griess, Hilde Kert, Dr. Herbert Kohlmaier, Univ.-Prof. Dr. Heribert Köck, Mag. Hannes Mahler, Mag. Eduard Posch.

Rechnungsprüfer: Ing. Peter Haidinger und Botschafter a.D. Dr. Manfred Ortner



Kirchenreformer: Margit Hauft zur Obfrau gewählt
Die Welserin Margit Hauft, bis 2011 Vorsitzende der offiziellen Katholischen Aktion der Diözese Linz und der Katholischen Frauenbewegung Österreichs, wurde gestern am frühen Abend einstimmig zur Obfrau der Laieninitiative gewählt. Diese Bewegung tritt mit der Pfarrer-Initiative und der Plattform „Wir sind Kirche“ für Reformen in der römisch-katholischen Kirche ein und übt Kritik an der offiziellen Amtskirche. Unter anderem fordert sie die Mitsprache der Gläubigen bei Bischofsernennungen. Verheiratete Männer und Frauen sollen zudem zu Priestern geweiht werden können.

Hauft übernimmt die Agenden vom geschäftsführenden Obmann Peter Pawlowsky. Gewählter Obmann vor Hauft war der einstige Volksanwalt Herbert Kohlmaier. Zu den Gründern der Laieninitiative gehörte auch Ex-Nationalratspräsident Andreas Khol
Oberösterreichische Nachrichten >>

Sonntag, 20. Januar 2013

Wir haben keinen Wein mehr


Die Krüge unseres Lebens sind geleert.
Die Augen ausgebrannt.
Die Hoffnung verbraucht.
Wer gibt uns den neuen Wein,
eine neue Sicht,
einen neuen Anstoß?

Freitag, 18. Januar 2013

Spekulationen über die Nachfolge des Generalvikars und Moderators

Die überraschenden gemeinsamen Rücktritte  von Mag. Georg Lang als Generalvikar und Lic. Dr. Petar Ivandic zum Jahresende werfen viele Fragen auf. Über die wahren Hintergründe gibt es viele Spekulationen und Gerüchte. Allen ist eines gemeinsam: So "harmonisch" wie das alles von offizieller Seite dargestellt wird ist das nicht abgelaufen. Im Gegenteil!

Der Bischof hat da noch großen Erklärungsbedarf und muß seinem diözesanen Kirchenvolk schon ehrlich sagen, warum die zwei engsten Mitarbeiter von ihm plötzlich und nach kurzer Amtszeit das Handtuch geworfen haben. Sonst  muß man annehmen, dass das Ganze mit seiner Person und seiner Art der Amtsführung zu tun hat.

Jedenfalls dürfen wir gespannt sein, wie sich die Nachfolge gestaltet. Folgende Fragen stellen sich:

  1.  Wird der Posten des Moderators überhaupt noch einmal nachbesetzt oder wieder gestrichen?
  2.  Muß Petar Ivandic eine Pfarre übernehmen?
    Bei dem großen Priestermangel, den wir haben, ist es ja ein nicht zu rechtfertigender Luxus und eine Verschwendung von priesterlichen Ressourcen, wenn er nur als Rektor des "Haus der Begegnung" und als Gerichtsvikar tätig ist.
  3. Wer wird Nachfolger von  Georg Lang als Generalvikar? Ganz offensichtlich hat der Bischof Probleme mit der Nachbesetzung. Anders ist es nicht zu erklären, dass diesbezüglich seit über drei Wochen Funkstille herrscht.

Am öftesten fällt in diesem Zusammenhang der Name von Regens Hubert Wieder. Nachdem das Burgenländische Priesterseminar in der Habsburgergasse aufgelassen und die Seminare der Diözesen Wien, St. Pölten und Eisenstadt zusammengelegt wurden, ist ein Vollzeit-Job für einen Regens ja wohl nicht mehr notwendig und ebensfalls ein nicht zu rechtfertigender Luxus.
Weiters hört man auch die Namen: Schulamtsleiter Erich Seifner (er soll ja schon bei der ersten Besetzung in der engeren Auswahl gestanden haben), Pastoralamtsleiter Michael Wüger und den neuen Stadtpfarrer von Jennersdorf Norbert Filipitsch.

Übrigens: Die Kommentare >>  zu meinem Bericht vom 2. Jänner sind sehr interessant.

Donnerstag, 17. Januar 2013

Missbrauch in Katholischer Kirche: Ein absehbarer Eklat bei der Aufklärung

Nach dem Zerwürfnis mit dem Kriminologen Christian Pfeiffer stehen die Bischöfe wieder als Vertuscher da. Es war ein absehbarer Eklat, der ihrem Willen zur echten Aufklärung nicht gerecht wird.

Professor Christian Pfeiffer war schnell, wie immer. Kaum sah sich die katholische Kirche in Deutschland im Winter 2010 nach den Berichten über sexuelle Übergriffe von Ordensleuten am Berliner Canisius-Kolleg dem Vorwurf ausgesetzt, Täter in ihren Reihen um jeden Preis geschützt zu haben, war der langjährige Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) zur Stelle.
Es sei höchste Zeit für eine breitangelegte Untersuchung über sexuellen Missbrauch durch Priester, ließ er die Öffentlichkeit per Zeitungsartikel und einige Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz per Telefon wissen. Und die Bischöfe ließen sich das nicht zweimal sagen. Sie standen ja mit dem Rücken zur Wand, auch wenn die meisten Taten, die Gegenstand von Berichten wurden, lange zurücklagen und nach Kirchen- wie nach deutschem Strafrecht verjährt waren. Der Öffentlichkeit mussten sie neben Zeichen der Reue auch Werke der Buße präsentieren.
Pfeiffer kam da wie gerufen. Denn in Gestalt des protestantisch-sozialdemokratischen Kriminologen bot sich eine Persönlichkeit an, die nicht im Entferntesten im Verdacht stand, bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Raum der Kirche falsche Rücksicht zu nehmen. Überdies verfügte Pfeiffer, der in der kurzen Amtszeit des niedersächsischen Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel in Hannover Justizminister war, auf dem Forschungsgebiet sexueller Missbrauch über eine im deutschen Sprachraum seltene Fachkenntnis. Am KFN, einem 1979 gegründeten Institut, das vom niedersächsischen Wissenschaftsministerium grundfinanziert wird, im Wesentlichen aber von drittmittelfinanzierten Forschungsaufträgen lebt, war schon 1982 eine Erhebung über sexuellen Missbrauch in Deutschland entstanden.
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