Montag, 10. Dezember 2012

Ein „Jahr der Glaubwürdigkeit“ wäre von Nöten

Univ. Prof. Franz Nikolasch (lehrte Liturgiewissenschaft, ist im Ruhestand und als Seelsorger in Salzburg tätig):

Ein „Jahr der Glaubwürdigkeit“ wäre von Nöten

Neulich bekam ich das Schreiben der österreichischen Bischöfe zum „Jahr des Glaubens“ in die Hände. Was dort über das Konzil und den Zölibat geschrieben wird, ist ein Zumutung. Entweder haben die Bischöfe selbst keine Ahnung, was dort vor sich ging oder sie wollen uns für dumm verkaufen.
Im dreibändigen Werk „Die Autorität der Freiheit“ von J. Chr. Hampe (Kösel 1967) geht er auf dieses Thema ein und bringt Stellungnahmen verschiedener Konzilsteilnehmer und die apodiktische Absage von Paul VI. hinsichtlich einer Diskussion dieses Themas am Konzil (Band II, S. 238 – 243).
Angesichts dieser Tatsachen zu sagen, „dass gerade das II. Vatikanische Konzil sich entschieden für die Beibehaltung des priesterlichen Zölibats ausgesprochen hat“, ist eine Frotzelei sondergleichen. Ich glaube, an Stelle eines „Jahres des Glaubens“ wäre zuerst einmal ein „Jahr der Glaubwürdigkeit“ von Nöten.

Ergänzendes:
Die entsprechende Passage aus dem Hirtenwort der Österreichischen Bischöfe zum „Jahr des Glaubens“:
„Die Sorgen, die hinter bestimmten ‚Reformforderungen’ stehen, sind uns gemeinsam. Viele bekümmert an erster Stelle der mangelnde Priesternachwuchs. In manchen Teilen unseres Landes wird der Priestermangel immer drückender spürbar. Weite Kreise unserer Bevölkerung, kirchlich gebunden oder nicht, verstehen nur schwer, warum zur Abhilfe dieser Notsituation nicht die Zulassungsbedingungen zum Priesteramt geändert werden, warum nicht verheiratete ‚bewährte Männer’ (viri probati) zu Priestern geweiht werden können. Sie meinen, dass wir österreichischen Bischöfe „Druck in Rom“ ausüben sollten, um eine Reform zu erwirken. Dabei wird aber meist übersehen, dass gerade das II. Vatikanische Konzil sich entschieden für die Beibehaltung des priesterlichen Zölibats für die römisch-katholische Kirche ausgesprochen hat, und dass alle Bischofssynoden seither immer wieder diesen Weg als für die Kirche gültig bestätigt haben. Darf darin nicht ein Zeichen des Heiligen Geistes gesehen werden?“
Aus dem von Nikolasch erwähnten Werk a. a. O. (inhaltliche, nicht wörtliche Wiedergabe):

In seiner schriftlichen Intervention v. 7. 10. 1965 weist Pieter Koop, Missionsbischof in Brasilien, auf den drückenden Priestermangel hin – es sei nötig, das Priestertum zu „verhundertfachen“, um „den Glauben so vieler Menschen zu retten“. Er schlägt vor, das Konzil möge geeignete Laien, die verheiratet sind, zum Priestertum zulassen. Mit dieser Vorgangsweise wie in den orientalischen Kirchen würde ein neues Instrument der Seelsorge geschaffen, das die betrüblichen kirchlichen Verhältnisse heilen würde. Zwei andere brasilianische Bischöfe legten ähnliche Texte vor.

Der Text wurde mit der Erklärung zurückgewiesen, es sei unerwünscht, dass der Bischof diesen Text in der Aula spreche. Zur gleichen Zeit schrieb Papst Paul VI. an den Senior des Konzilspräsidiums einen Brief, der in der Aula verlesen wurde. Er wisse, dass einige Konzilsväter die Absicht hätten, den Zölibat vor das Konzil zu bringen. Er lasse da Freiheit, gebe aber seine persönliche Meinung kund, dass es nicht opportun sei, über dieses Thema zu debattieren. Dann wörtlich: „Wir haben die Absicht, dieses alte, heilige und uns von der Vorsehung geschenkte Gesetz nicht nur, soviel an uns liegt, zu bewahren, sondern seine Innehaltung noch zu bekräftigen…“

Eine weitere Anmerkung zum Thema
Worauf Nikolasch hinweist, sei dahingehend ergänzt, dass auch der heutige Papst, der als theologischer Berater von Kardinal Frings beim Konzil tätig war, damals für eine Änderung des Zölibats eintrat. Er ist neben Karl Rahner, Otto Semmelroth, Karl Lehmann und Walter Kasper Mitunterzeichner eines Memorandums von neun Theologen, das am 9. Februar 1970 den deutschen Bischöfen überreicht wurde. In diesem wird die Überzeugung ausgedrückt, dass eine Überprüfung des Zölibats „auf hoher und höchster Ebenen angebracht, ja notwendig ist“.
Dass Ratzinger als Theologe seinerzeit. die „viri-probati“-Lösung für das 3. Jahrtausend voraussah, ist bekannt.

Aus "Gedanken zu Glaube und Zeit" Nr. 70 von Dr. Herbert Kohlmaier



1 Kommentar:

Friedrích Griess hat gesagt…

In den kontinentalen Bischofsynoden der Neuzigerjahre wurden von den lokalen Bischöfen mehrfach Reformwünsche geäußert. Sie wurden von den Vertretern der Kurie abgeschmettert mit der Begründung, das seien nur lokale Wünsche, die sonst nirgends in der Weltkirche geäußert würden, und daher könne man ihnen nicht stattgeben. - Mit welch verbogenen Gedanken der Pflichtzölibat verteidigt wird, sieht man auch im postsynodalen Schreiben zur Afrikasynode, "Africae munus", ( http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/apost_exhortations/documents/hf_ben-xvi_exh_20111119_africae-munus_ge.html ), wo im Abschnitt 112 behauptet wird, der Pflichtzölibat sei durch Mt 6.24 geboten ("Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon"). Damit wird die christliche Ehe einem "unredlich erworbenen Gewinn oder unmoralisch eingesetztem Reichtum" (Wikipedia) gleichgesetzt. Seitdem habe ich jeden Respekt vor diesen "Hirten" verloren.