Freitag, 18. März 2011

Wider dem Vergessen - jahrzehntelange Führungs- und Vertrauenskrise der Kirche

Die klerikale und absolutistische Machthierarchie mit ihren Proponenten Päpste und Bischöfe haben die Jahrzehnte lange Führungs- und Vertrauenskrise in der katholischen Kirche zu verantworten. Das möchte ich einmal ganz klar aussprechen.

Die Krise der katholischen Kirche ist eine Kirchenleitungskrise, wie Hans Küng in seinem neuesten Buch "Ist die Kirche noch zu retten?" geschrieben hat.

Heute ist mir ein äußerst interessenates Dokument aus dem Jahre 1972 untergekommen. Vor Ostern 1972 hat eine Gruppe von 33 Thelogieprofessoren einen Aufruf "Wider die Resignation in der Kirche" veröffentlicht. Dieses Dokument ist heute aktueller denn je und unbedingt lesenswert.

Das umlängst veröffentlichte und von mittlerweile über 300 Theologieprofessoren und -professorinnen unterstützte Memorandum für einen notwendigen Aufbruch in der Kirche 2011 ist dagegen allerdings ein "Kinderfasching".

Was auch interessant ist. Der Theologe Walter Kasper aus Tübingen hat diesen Aufruf vor rund 40 Jahren unterzeichnet und unterstützt. Mittlerweile ist er Kurienkardinal und enttäuscht vom Memorandum und den Anliegen für eine notwendige Kirchenreform >>. Wie nett - oder wie soll man das bezeichnen?

Dieser Aufruf spricht bereits vor 40 Jahren klar und offen über die Situation sowie notwendige Reformen in der Kirche:
  • Die katholische Kirche befindet sich mitten in einer vielschichtigen Führungs- und Vertrauenskrise.
  • ...während sich die offiziellen kirchlichen Stellen in den sehr verschiedenartigen Schwierigkeiten mit Klagen und Mahnungen begnügen oder zu willkürlichen Sanktionen greifen, geben immer mehr Priester ihren Dienst auf, und der Nachwuchs nimmt in quantitativer und qualitativer Hinsicht ab.
  • ...viele der besten Seelsorger haben den Eindruck, daß sie in ihren entscheidenden Sorgen von ihren Bischöfen und oft auch von Theologen im Stich gelassen werden.
  • Zwar haben sich einige Episkopate und Einzelbischöfe die Sorgen ihrer Kirchen allen Ernstes zu eigen gemacht. Aber die meisten Bischofskonferenzen konnten sich nur in zweitrangigen Fragen zu konstruktiven Lösungen entschließen und haben viele Erwartungen von Klerus und Volk enttäuscht.
  • Sucht man ...Gründe für die gegenwärtige Führungs- und Vertrauenskrise, so wird man sie nicht nur bei bestimmten Personen oder Amtsträgern... suchen dürfen. Es ist vielmehr das kirchliche System selbst, das in seiner Entwicklung weit hinter der Zeit zurückgeblieben ist und noch immer zahlreiche Züge eines fürstlichen Absolutismus aufweist: Papst und Bischöfe als faktisch weithin allein herrschende Herren der Kirche, die legislative, exekutive und judikative Funktionen in ihrer Hand vereinigen.
  • ...die Nachfolger (Anm.: der Bischöfe) werden nach Kriterien der Konformität ausgewählt....Ernennung der Bischöfe in Geheimverfahren ohne Mitwirkung des betreffenden Klerus und Volkes...
  • Die Kirche ist nicht nur weit hinter der Zeit, sondern auch und vor allem weit hinter ihrem eigenen Auftrag zurückgeblieben... Deshalb stellt man heute einen eigenartigen Kontrast zwischen dem Interesse an Jesus selber und dem Desinteresse an der Kirche fest.
  • Überall wo die Kirche statt Dienst an den Menschen Macht über den Menschen ausübt, überall wo ihre Institutionen, Lehren und Gesetze Selbstzweck werden, überall wo ihre Sprecher persönliche Meinungen und Anliegen als göttliche Gebote und Anordnungen ausgeben, da wird der Auftrag der Kirche verraten, da entfernt sich die Kirche von Gott und den Menschen zugleich, da gerät sie in die Krise.
  • Überwunden werden kann die Krise der Kirche nur dadurch, daß sich die gesamte Kirche ... erneut auf ihre Mitte uind ihr Fundament besinnt: das Evangelium Jesu Christi.
  • Wie soll man sich in dieser Situation verhalten?
    1. Nicht schweigen ....
    2. Selber handeln ...
    3. Gemeinsam vorgehen ...
    4. Zwischenlösungen anstreben ...
    5. Nicht aufgeben ...

Zum ganzen Aufruf - veröffentlicht in der Herder Korrespondenz 5/26 >>

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